Radlerparadies Hamburg

Die regierende CDU will aus alten Fehlern lernen und ihr Herz für Fahrräder und deren Nutzer entdecken. Die Bürgerschaftsopposition freut sich darüber, traut der Unionsmehrheit aber nicht so recht über den Radweg

von SVEN-MICHAEL VEIT

In ungewohnter Eintracht will Hamburgs Bürgerschaft künftig das jahrzehntelange Stiefkind der Verkehrspolitik hegen: Einstimmig wurden zwei Anträge von CDU und GAL zur Förderung des Fahrradfahrens gestern angenommen. Sie werden nun im Stadtplanungsausschuss diskutiert. Was von den Forderungen übrig bleibt, wird vermutlich nach der Sommerpause vom Parlament beschlossen werden.

Radfahren sei „gesund, preiswert und auch verkehrspolitisch eine gute Sache“, begründete Klaus-Peter Hesse (CDU) den Antrag seiner Fraktion. Es gelte, „aus alten Fehlern zu lernen“, Ziel müsse „eine umfassende Konzeption für das Fahrradfahren“ sein, mehr noch: „Wir brauchen ein Leitbild Radverkehr“, so Hesse. Und damit, beteuerte er, „ist es uns Ernst“.

Diese Botschaft hörte die rot-grüne Opposition wohl, allein glauben mochte sie diese nicht so recht. Sie habe den Verdacht, wandte Karin Timmerman (SPD) ein, dass die CDU Radwege in erster Linie bauen oder instand setzen wolle, „um den Autos die lästigen Radler vom Hals zu schaffen“.

Nach vierjährigem „Kampf“ der Union gegen Radfahrer erschien auch Jörg Lühmann (GAL) die nunmehrige „Kehrtwende“ der Unionsfraktion so, „als würde Michael Schumacher ein flammendes Plädoyer für Tempolimits halten“. Ungeachtet des gegenseitigen Misstrauens waren sich alle drei Fraktionen einig, es doch mal gemeinsam zu versuchen.

Konkret werden im Ausschuss nun die CDU-Vorschläge zu klären sein, wie Radwege so hergerichtet werden sollen, dass ihre Benutzung nicht mehr lebensgefährlich ist. Auch sollen bei laufenden Straßenbaumaßnahmen die fahrradfreundliche Gestaltung von Kreuzungen, Überwegen oder Ampelschaltungen gleich miterledigt werden und künftig in grundlegenden Fragen der Rat von Fachverbänden wie dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) eingeholt werden. Ob die Stadtentwicklungsbehörde dem Rat dann auch folgt, steht natürlich weiterhin auf einem anderen Blatt.

Weniger klar ist hingegen, welche der im GAL-Antrag vorgeschlagenen 13 Maßnahmen die Unionsmehrheit in den Beratungen im Ausschuss akzeptieren wird. Eine öffentliche Expertenanhörung dürfte kein Problem sein, das geforderte „konsequente“ Vorgehen gegen Falschparker auf Radwegen jedoch zum Lippenbekenntnis geraten. Wenig Aussichten auf Realisierung wird die Forderung haben, Fahrradstreifen auf den Fahrbahnen einzuführen. Das trifft traditionell auf entschiedenen Widerstand beim ADAC.

Und der flugs erhobene Vorschlag der Grünen, den bisherigen Etat zur Förderung des Radfahrens von 200.000 Euro schon zum kommenden Jahr auf runde 2,7 Millionen zu erhöhen, dürfte spätestens am Finanzsenator scheitern. Es reiche aber nicht, dass „die CDU-Fraktion die Lippen spitzt“, befand GALier Lühmann, „der Senat muss auch pfeifen“. Aber nicht auf Radfahrer.