die olympia-frage: Darf Deutschland die Nummer eins im Medaillenspiegel bleiben?
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UM GOTTES WILLEN! Dann würde das bisschen Aufbruchstimmung ja mit dem letzten Schnee im Frühjahr schmelzen und die fette, lähmende Zufriedenheit würde wieder Einzug halten. Bliebe Deutschland Erster, würde davon zuerst die Wirtschaft angesteckt werden: 0,001 Prozent Wachstum reicht doch auch. Danach wird die gerade erstarkte Terrorismusabwehr leiden und vor allem die Überprüfung gefährlicher Attentatsfußballer. Zu guter Letzt zieht die Zufriedenheit wieder in bundesdeutsche Schlafzimmer ein, und alle guten Vorspiele werden von schnellem Verkehr erstickt. Und das alles wegen zu vieler Medaillen für ein Land, in dem es kaum Gebiete mit Schneegarantie gibt. Nein – wir sind Fußball! Im Grunde unseres Herzens kämpfen und rackern wir auf dem Platz und zwängen uns nicht in Presswurstanzüge, legen uns auf 190.000-Euro-Kufen und rutschen durch eine Röhre. Wer erinnert sich eigentlich noch an die Gewinnerinnen im Bobfahren? Daher: Lasst der Elfenbeinküste eine Langlaufmedaille und gebt Ecuador jedes Bob-Gold! Dann ballern die im Sommer an Ollis Kasten vorbei, und wir werden Weltmeister! BAH

JA KLAR! Fußball ist ohnehin Mist, niemand braucht einen Titelgewinn, auch wenn er hilfreich wäre, Beckenbauer zur Fifa-Spitze wegzuloben. Deutschland an der Spitze der Medaillenbilanz heißt, dass die Ideen des Gender Mainstreaming ernst zu nehmen sind: ein Sportfest, an dessen Ende nicht nur Männliches triumphieren konnte, und wenn, dann nur tränenreich, ohne gleich an das Weinen deutscher Schäferhunde auf Führers Bunkern denken zu müssen. Und die Frauen schneiden nirgendwo glänzender ab – auch morgen Uschi Disl, die flotte Lok aus dem Bayerischen, Teil jener der hiesigen Ethnien, die noch am ehesten mit Schnee vertraut ist. Olympische Winterspiele sind Frauenspiele, wenn Deutschland oben steht – analysiert man die Medaillenvergaben im Stile der Queer Studies: ein gefühlt weibliches „Freude, schöner Götterfunken“ – eine These, die gestern die Snowboarderin Amelie Kober charmant bestätigte. Keine Magda Goebbels, kein Mädel, keine Riefenstahl-Figur: eine Tänzerin auf Weiß, vorbildlich. Deutschland – chemisch dopingarm, gendertechnisch ein state of the art: her mit dem Gold für unsere Uschi! JAF