Hungersnot gefährdet Burundis Frieden

Ein halbes Jahr nach Ende des Bürgerkriegs gibt es wieder Tote und Flüchtlinge. Grund: Dürre und Hunger

BERLIN taz ■ „Fliehen oder sterben, das ist die Wahl“ – so bringt der Nachrichtendienst Umuco die Auswirkungen der Hungersnot in Burundi auf den Punkt. „Wer noch Kraft hat, geht ins Exil.“ In kaum einem Land Ostafrikas hat die aktuelle Dürre so verheerende Auswirkungen wie im kleinen Burundi, das sich gerade von den Folgen eines blutigen Krieges erholt. 2,2 Millionen Einwohner – ein Drittel der Bevölkerung – brauchen Nahrungsmittelhilfe, schätzt das UN-Welternährungsprogramm WFP; Burundis Regierung sagt, dass die Hälfte der Bevölkerung hungert, im Nordosten des Landes sogar 70 Prozent. Sie hat 13 der 17 Provinzen des Landes zu Katastrophengebieten und fünf davon zu Hungergebieten erklärt.

Erst 2005 war in Burundi mit freien Wahlen ein mörderischer Krieg zwischen Tutsi-dominierter Armee und Hutu-dominierten Rebellen mit 300.000 Toten zu Ende gegangen. Die neue Regierung von Präsident Pierre Nkurunziza, ehemaliger Hutu-Rebellenführer, muss mit internationaler Hilfe zehntausende Bürgerkriegskämpfer und hunderttausende Flüchtlinge reintegrieren. Niemand dachte bei ihrem Amtsantritt vor einem halben Jahr daran, dass Hunger statt Krieg die Menschen bald zu tausenden wieder auf Wanderung treiben würde und erneut massiv Nothilfe nötig werden könnte. Über 8.000 Menschen sind bereits auf der Suche nach Nahrung aus Burundi nach Tansania geflohen. Burundische Medien berichten fast täglich von Todeszahlen in dreistelliger Höhe aus einzelnen Provinzen.

„Die Erwachsenen sind zu schwach zum Arbeiten, die Kinder sind zu schwach für die Schule“, berichtete letzte Woche der katholische Bischof des nordburundischen Ngozi, Gervais Banshimiyubusa. „Seit Beginn der Aussaat im September hat es nicht geregnet.“ Jetzt habe es ein wenig geregnet, aber die paar Tropfen kämen viel zu spät für die Ernte. Ngozi liegt an der Grenze zu Ruanda, in dessen Südregion ebenfalls Hunger wütet – 12.000 Ruander sind nach Nordburundi geflohen. Nicht zufällig nehmen auch die Aktivitäten der letzten burundischen Hutu-Rebellengruppe FNL (Nationale Befreiungsfront), die Basen im benachbarten Kongo hat und dort gut an Schmuggelgeschäften verdient, erneut zu.

Mangels ausreichender internationaler Hilfe hat Burundis Regierung diese Woche eine Solidaritätssteuer eingeführt: Wer mehr als 100 US-Dollar im Monat verdient, soll bis zu 8 Dollar im Monat an einen staatlichen Hilfsfonds abführen; wer weniger hat, zahlt symbolische Beiträge. Es ist ein Akt der Verzweiflung, denn 80 Prozent der Burunder leben unter der absoluten Armutsgrenze von einem US-Dollar pro Tag und brauchten selber Geld. Mit dem Hilfsfonds will Burundis Regierung aber Kritik begegnen, sie könne mit Hilfsgeldern nicht richtig umgehen. Ende Februar findet eine internationale Burundi-Geberkonferenz statt, auf der das Land 168 Millionen Dollar Entwicklungshilfe sucht, davon 75 Millionen für die Hungernden. Einen Vorschlag, zur Verwaltung dieser Gelder ein internationales Treuhändergremium einzurichten, wies Burundi letzte Woche empört zurück. DOMINIC JOHNSON