Oettingers badischer Flughafen-Albtraum

Nordbaden hat einen Flughafen. Südbaden will auch einen. Das bringt Ärger in der CDU, mitten im Wahlkampf

FREIBURG taz ■ Günther Oettinger gab sich hemdsärmelig: „Ich will am Rosenmontag schunkeln und das Thema vom Tisch haben“, kündigte er im Januar an. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg meinte den Flugplatz im südbadischen Lahr. Der will eine Passagierlizenz – obwohl es nur wenige Kilometer nördlich einen zweiten aufstrebenden Flughafen gibt. In Oettingers CDU meldeten sich sowohl Fans als auch Gegner einer Passagierlizenz für den zweiten Flughafen. CDU gegen CDU – das kann Oettinger vier Wochen vor der Landtagswahl nicht gebrauchen. Deshalb lässt er jetzt erst mal lieber die Finger davon.

Beide Flughäfen waren im Kalten Krieg Stützpunkte der kanadischen Luftwaffe. Im nordbadischen Söllingen zogen die Kanadier 1992 ab, inzwischen starten dort Passagiermaschinen nach Berlin, London oder Teneriffa. Das Unternehmen heißt Baden-Airpark und gehört dem Land und einem kommunalen Zweckverband, die schon rund 100 Millionen Euro investiert haben.

Auch von Lahr aus starteten nach dem Abzug des Militärs weiter Flugzeuge, allerdings nur Frachtmaschinen. Das soll sich ändern. Schon 2002 stellte die damalige Betreiberin für den „Black Forest Airport“ beim Regierungspräsidium Freiburg einen Antrag. Doch der wurde abgelehnt. Begründung: Die Wirtschaftlichkeit eines Regionalflughafens Lahr sei nicht gewährleistet. Seitdem wird vor den Gerichten gestritten und in der Öffentlichkeit diskutiert, wie viele Flughäfen der Südwesten verkraftet. Denn mit den Flughäfen Basel-Mulhouse sowie Straßburg haben die Südbadener zwei internationale Flughäfen direkt vor der Haustür. Hinzu kommt der Baden-Airpark.

Inzwischen hat der Black Forest Airport einen neuen Gesellschafter, das australische Investmentunternehmen Babcock & Brown. Die Australier wollen aus dem Lahrer Landeplatz einen Sonderflughafen machen. „Zwischen 600.000 und 1 Million Touristen könnten über den BFA in den Schwarzwald, aber auch in den nur 15 Minuten entfernten Europapark einfliegen“, erklärt Martin W. Rey von Babcock & Brown.

Auch der Chef des nahe gelegenen Europaparks Roland Mack hofft, dass sich dieser Traum bald erfüllen möge. Der Europapark ist eine Art badisches Disneyland mit jährlich 4 Millionen Besuchern. Damit der Europapark weiter wachsen kann, sollen die Touristen mit dem Flugzeug anreisen können.

Doch der Wunschtraum der Südbadener wurde für Günther Oettinger und die Südwest-CDU zum Albtraum. Sein südbadischer Staatsminister Willi Stächele streitet ebenso für den Flughafen in Südbaden wie der Kultusminister des Landes, Helmut Rau, der seinen Wahlkreis in Lahr hat. Der Ex-Verkehrsminister des Landes, Ulrich Müller, läuft jedoch gegen die südbadische Passagierfluglizenz Sturm, der Karlsruher Oberbürgermeister Heinz Fenrich warnt vor einem „ruinösen gegenseitigen Wettbewerb“. Die Gemeinden rund um den Baden-Airpark in Söllingen drohen, aus der Beteiligungsgesellschaft auszusteigen. „In der Region brennt es lichterloh“, sagt Bernd Bechtold, Präsident der IHK Nordbaden, und warnt: „Eine Landesregierung, die Lahr genehmigt, macht eine Politik gegen die Region.“ „Karlsruhe ist nicht mehr die Residenz, von der wir uns etwas vorschreiben lassen“, tönt dagegen Südbadens IHK-Präsident, Karlhubert Dischinger, in Freiburg.

Und der Schwabe Oettinger? Er ließ zunächst erkennen, dass er eine Lahrer Passagierfluglizenz für möglich hält. Doch vor die Wahl gestellt entweder Süd- oder Nordbadener zu vergräzen, entschied er erst mal gar nichts. Das Genehmigungsverfahren des Regierungspräsidiums Freiburg dauere noch, ließ der Ministerpräsident seinen Minister Stächele mitteilen: „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“

REINER FRITZ