Die SPD lässt sich vorführen

CDU gegen Kommunalisierung

VON SEBASTIAN PUSCHNER

Der kleine Koalitionspartner schießt aus allen Rohren: Erst ließ die CDU ankündigen, Energie-Volksentscheid und Bundestagswahl würden terminlich getrennt. Dann erklärte die CDU-Wirtschaftssenatorin am Wochenende, all die mit der SPD vereinbarten Pläne für Stromnetzkommunalisierung und Stadtwerkegründung seien unausgegoren und machten eh keinen Sinn. Diese Äußerungen sind kaum verwunderlich. Nur: Was macht eigentlich der große Koalitionspartner?

Er fügt sich. Dass die SPD Gefahr läuft, mit der Terminentscheidung die Demokratie zu diskreditieren – geschenkt, es ist nicht das erste Mal, siehe „Pro Reli“. Dass sie aber argumentative Verrenkungen wie die der CDU mitträgt, ist empörend.

Zeit bis 24. Juli

Denn die Erzählung der CDU geht neuerdings so: Für einen Entscheid am 22. September hätte der Energietisch sein Begehren früher starten sollen. So sei zu wenig Zeit für eine angemessene Behandlung seines Anliegens im Abgeordnetenhaus.

Tatsächlich war und ist dafür immer noch genug Zeit: Die nötige Sondersitzung müsste spätestens am 24. Juli stattfinden, die Einladungsfrist beträgt zwei Tage. 20 Prozent der Abgeordneten, deren Ältestenrat oder der Senat können einberufen.

■ Ein Stadtwerk für Berlin wollen eigentlich alle gründen: SPD, Grüne, Linke, Piraten – selbst die CDU ließ sich vergangenen Dezember von ihrem sozialdemokratischen Koalitionspartner zu einem entsprechenden Bekenntnis nötigen. Doch das einzige ausgereifte Modell für ein Stadtwerk hat bisher der Energietisch vorgelegt, als Teil seines Gesetzentwurfs „Neue Energie für Berlin“. Diesem müssten im anstehenden Volksentscheid mindestens 620.000 wahlberechtigte BerlinerInnen zustimmen, damit er Gesetzeskraft erlangt.

■ Demnach soll das Stadtwerk ein ökologisches, demokratisches und soziales Landesunternehmen sein. Aber was heißt das konkret? Die taz geht dieser Frage in einer dreiteiligen Serie nach: Das Öko-Stadtwerk (heute), Das Räte-Stadtwerk (Dienstag, 16. Juli) und Das faire Stadtwerk (Mittwoch, 17. Juli). (sepu)

Das Kalkül der CDU wiegt schwerer, als manch ein Sozialdemokrat denken mag. Zu Absichtserklärungen für die Strom-Kommunalisierung hat sie sich noch überreden lassen. Doch wenn es an die Umsetzung geht, dann ist Schluss. Dafür ist die von der SPD achselzuckend begleitete Terminansetzung nur der erste Schritt.