Mieten-Widerstand hat den Stadtrand erreicht

SPANDAU 50 Aktivisten verzögern Zwangsräumung. Betroffener war in einer Mieterinitiative aktiv

Sie haben Stopp-Schilder mit nach Spandau-Staaken gebracht und ein Transparent „Zwangsräumung stoppen“. Sie riefen: „Keine Gewalt für hohe Rendite.“ Das Bündnis „Zwangsräumung Verhindern“ hatte zum Protest aufgerufen, rund 50 Leute sind am Montagmorgen gekommen. Einige der Aktivisten und Nachbarn machten eine Sitzblockade.

In den vergangenen Monaten kam es bei Zwangsräumungen in Berlin immer wieder zu heftigen Protesten, teilweise erfolgreich. Bislang geschah das vor allem im Innenstadtbereich, jetzt hat der Widerstand gegen die Folgen steigender Mietpreise auch den Stadtrand erreicht.

Die Gerichtsvollzieherin erschien mit Polizeiunterstützung, insgesamt waren 34 Beamte im Einsatz. Über den Nachbareingang und den Keller gelangten sie ins Haus. Die Polizei setzte nach Angaben eines Sprechers „einfache körperliche Gewalt“ ein, da ihnen der Zugang zur Wohnung „massiv durch Drängeln und Schubsen erschwert wurde“. Die Protestler riefen „Polizia assassini“ – auf Deutsch: „Polizisten Mörder“.

Die Räumungsfrist war bereits am 31. März dieses Jahres abgelaufen, eine kurzfristig gestellter Räumungsschutzantrag wurde abgewiesen. Der Mieter, dessen Name mit „Tom“ angegeben wird, wohnt seit knapp zehn Jahren in der Wohnung. Mehrfach wurde er fristlos gekündigt, unter anderem, weil er andere Bewohner seines Hauses bedroht und angegriffen haben soll. Den Ausschlag vor Gericht gab ein Vorkommnis vom Mai 2012. Das Amtsgericht Spandau sah es als erwiesen an, dass er eine Frau „mit voller Wucht aus dem Fahrstuhl gestoßen hat, sodass diese mit dem Kopf gegen die Wand schlug“. Das rechtfertige eine fristlose Kündigung.

Laut Bündnis ist der eigentliche Kündigungsgrund, dass Tom, der nun vorübergehend in einem Männerwohnheim untergekommen ist, in der örtlichen Mieterinitiative aktiv ist. Die Ypsilon GmbH, die Vermieterin der Wohnung, wollte sich auf taz-Anfrage nicht äußern. SEBASTIAN ERB