DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Der gefühlte Unterschied

WAS SAGT UNS DAS? Loewe droht die Pleite, Miele geht es prächtig. Beide Elektronikhersteller werben mit Qualität „Made in Germany“ – nur einer von ihnen zu Recht

Berlin-Mitte, Unter den Linden, beste Hauptstadtlage: Hier residiert die Miele Gallery. Wie der Name schon sagt, will man mehr sein als ein Showroom. Hier werden keine Waschmaschinen und Induktionsherde ausgestellt, sondern Exponate, Wunderwerke deutscher Ingenieurskunst. Auf diesen 650 Quadratmetern feiert der Herforder Haushaltsgerätehersteller den eigenen Erfolg und schreibt ihn im Sinne einer selbst erfüllenden Prophezeiung fort.

Das Einzige, was in der Miele Gallery nicht aus Deutschland kommt, ist der Name. Andere deutsche Elektronikhersteller wissen das Qualitätsversprechen „Made in Germany“ nicht so gut für sich zu nutzen: Am Dienstag hat Loewe beim Amtsgericht Coburg Gläubigerschutz beantragt, will sich unter gerichtlichem Schutz sanieren. Auch der Konkurrent Metz kämpft gegen einbrechende Umsätze und steigende Verluste.

Anders als Miele ist es Loewe und Metz nicht gelungen, ihre hochpreisigen Produkte zum Statussymbol aufzubauen: Ob die Miele-Produkte wirklich, wie der Werbeslogan insinuiert, „immer besser“ sind als die der Konkurrenz, ist dabei nachrangig – solange die Kunden daran glauben und schon aus Prinzip Miele verlangen – egal was es kostet. Qualität ist für den Konsumenten eben weniger absolute Größe denn gefühlter Abstand zu den Wettbewerbern.

Doch es ist mehr als nur die Aura der Einzigartigkeit, die Miele auszeichnet: Das „immer besser“ wird auch dadurch beglaubigt, dass jede Waschmaschine zu 100 Prozent in Herford entsteht. Das Unternehmen macht fast alles selbst. Die Komponenten für Loewe-Fernseher dagegen stammen längst aus Fernost und werden in Deutschland nur noch in ein Loewe-Gehäuse geschraubt. Und auch vom Design her unterscheiden sie sich zu wenig von der Konkurrenz, dass es den unverhältnismäßig höheren Preis rechtfertigen würde.

Wie Miele wirbt auch Loewe auf seiner Website mit Testurteilen – allerdings gleich mit einer ganzen Latte aus teilweise zweitklassigen Quellen. Das käme Miele nie in den Sinn: Hier veröffentlicht man nur Testsieger-Urteile der Stiftung Warentest, daneben die Kaufempfehlung „Jetzt in Qualität investieren“. Eine Klasse für sich lässt sich eben nicht von jedem bewerten. DENK