Sieben Tote bei Zusammenstößen in Kairo

ÄGYPTEN Mit Tränengas und Gummigeschossen hindern die Sicherheitskräfte Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi daran, die Innenstadt zu blockieren. Stellvertretender US-Außenminister zu Besuch

Anhänger und Gegner Mursis haben ausgeprägte Vorbehalte gegenüber den USA

AUS KAIRO JANNIS HAGMANN

Erneut sind in der ägyptischen Hauptstadt Kairo sieben Menschen bei Ausschreitungen ums Leben gekommen. Anhänger des entmachteten Präsidenten Mohammed Mursi blockierten in der Nacht auf Dienstag Straßen an mehreren Orten der Stadt, um für die Rückkehr des gestürzten Präsidenten zu demonstrieren. Bis spät in die Nacht hinein lieferten sie sich Straßenschlachten mit dessen Gegnern und den Sicherheitskräften. Nach Angaben des ägyptischen Ambulanzdienstes wurden dabei über 250 Menschen verletzt.

Am Montagabend zogen die Demonstranten auf die Brücke des 6. Oktober und blockierten eine der wichtigsten Durchfahrtsstraßen Kairos. Um den Weg zu versperren, parkten sie Lastwagen auf der Straße und errichteten eine Mauer aus Pflastersteinen. Die Polizei vertrieb die Blockierer mit Tränengas und Gummigeschossen. Augenzeugen berichteten, die Demonstranten seien mit Steinen und Brandbomben auf Polizisten losgegangen. Die Muslimbrüder beschuldigten die Polizei, auch scharfe Munition eingesetzt zu haben.

Die ägyptische Tageszeitung Al-Ahram berichtete zudem, die Sicherheitskräfte hätten 5.000 Demonstranten daran gehindert, von der Hauptkundgebung in Nasr City im Osten der Stadt ins Kairoer Zentrum vorzudringen, um sich den Protesten anzuschließen.

Auch an anderen Orten in Kairo protestierten die Mursi-Anhänger. Fünf der Getöteten sollen im Stadtteil Gizeh umgekommen sein. Auch aus Alexandria und Assiut wurden Demonstrationen gemeldet. Auf dem zentralen Tahrirplatz in Kairo dagegen, dem Zentrum der Proteste der Mursi-Gegner, ist es mittlerweile ruhiger geworden.

Montag war ein bedeutender Termin für die Mursi-Anhänger. Eine Woche zuvor waren 53 Menschen, darunter vier Soldaten, ums Leben gekommen, als die Armee das Feuer auf Demonstranten eröffnete. Unzählige Plakate der Opfer zieren die Protestmeile der Mursi-Anhänger in Nasr City.

Unterdessen hat erstmals seit dem Putsch am 3. Juli ein hochrangiger US-amerikanischer Diplomat Ägypten besucht. Der stellvertretende Außenminister William Burns sagte in Kairo, die USA wollten sich nicht in Ägypten einmischen. „Nur die Ägypter können ihre Zukunft bestimmen“, so Burns, der sich mit Armeechef Abdel Fatah al-Sisi, Übergangspräsident Adli Mansur und Regierungschef Hasem al-Biblaui traf. Die USA unterstützen Ägypten mit 1,5 Milliarden Dollar jährlich.

Die Protestbewegung Tamarrud, die die jüngsten Massendemonstrationen gegen Mursi initiiert hatte, lehnte eigenen Angaben zufolge ein Treffen mit Burns ab. „Wir haben die Einladung zurückgewiesen“, sagte Islam Hammam von der Bewegung der Nachrichtenagentur AFP. Die USA hätten „nicht von Anfang an an der Seite des ägyptischen Volkes gestanden“.

Sowohl auf Seiten der Mursi-Anhänger als auch der Gegner herrschen ausgeprägte Vorbehalte gegenüber den USA. Während die Islamisten Washington vorwerfen, den Putsch zu tolerieren, werfen viele Mursi-Gegner der US-Regierung vor, die Islamisten zu unterstützen. Die deutsche und US-amerikanische Forderung, Mursi freizulassen, stößt bei vielen Gegnern der Islamisten, von denen viele dem liberalen Lager zuzurechnen sind, auf Ablehnung.

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