Primat der Prominenz

DISKURS VERFEHLT Ai Weiwei und der Klimawandel

Als Auftakt zur Ausstellung „Wiederkehr der Landschaft“ in der Berliner Akademie der Künste lud das Haus am Samstag zu einem Gespräch ein: „Das Klima und die Künstler“ sollte Strategien künstlerischer Interventionen zur Klimadebatte vorstellen. Angezogen vom Auftritt des prominenten chinesischen Künstlers Ai Weiwei, nicht verteten in der Ausstellung, war der Saal rappelvoll. Die Plakate machten keinen Hehl daraus, dass er die Attraktion schlechthin war, oder warum sonst stand sein Name dort deutlich größer geschrieben als die seiner Mitstreiter Klaus Staeck, Präsident der Akademie, und von Alex MacLean, der für die Ausstellung fotografiert hat?

Ich hatte mich zuvor gefragt welche von Ais Arbeiten sich auf die Klimadebatte bezog und war zu keinem rechten Entschluss gekommen. Tatsächlich wurde es absurd, als er darauf angesprochen wurde. Dass es zu viele Probleme in seinem Land geben würde, war seine Antwort auf die Frage nach der Beachtung natürlicher Ressourcen in seinem Werk. Ai spielte einen Deutsche-Welle-TV Film über seine Retrospektive am Haus der Kunst in München ab und zeigte das bereits bekannte Bild des aktivistischen Künstlers. Seine Beteiligung an einem Stadtentwicklungsprojekt in der Inneren Mongolei schnitt er dagegen nur kurz an. Ohne Bildmaterial und ausführende Worte blieben die Auswirkungen der geplanten Luxusvillen auf die Landschaft völlig im Dunkeln. Dabei hätte es interessante Anknüpfungspunkte zum Ausstellungsthema gegeben und Vergleichsmöglichkeiten zu MacLeans Dokumentationen vom radikalen Landschaftsmissbrauch in Venedig und Las Vegas.

Entsetzt war das Publikum über die amerikanischer Retortenstädte und zugleich froh, dass sich die Katastrophe woanders ereignet. MacLeans Bilder zeigen zwar, wie global der sorglose Umgang mit der Landschaft ist, als ästhetische Luftaufnahmen sind sie aber auch ferne Medienbilder, denen wir uns nicht wirklich stellen müssen.

Gefeiert wurde vor allem Ai Weiweis Integrität. Staeck bewunderte ihn dafür, dass er sich in einem Land ohne Meinungsfreiheit einmischt. Ai hätte eine Risikobereitschaft, die ihn trotz polizeilicher Verfolgung nicht aufgegeben ließe, wie seine Kampagne zur Aufklärung des Verschwindens von 5.000 Schülern beim Erdbeben in Sichuan beweist. Erschreckend ist für Staeck indes, dass die Umweltprobleme, die er auf Plakaten in den 70ern und 90ern thematisierte, nicht altern wollen und zum Teil sogar schlimmer geworden sind. Sein Aufruf, den Verantwortlichen auf die Füße zu treten, erzeugte aber nur ein wohlgefälliges Schmunzeln im Saal. JULIA GWENDOLYN SCHNEIDER