Rüge lässt Nagel kalt

Nach Vorwürfen des Europarats fordert die Opposition den Innensenator auf, Abschiebeknäste überprüfen zu lassen. Doch der blockt ab. Platzzahl wird verdoppelt

Innensenator Udo Nagel (parteilos) hat eine Mitverantwortung für die Zustände in Hamburgs Abschiebegefängnissen zurückgewiesen. „Die Justizbehörde ist für die Haftbedingungen zuständig“, wiegelte gestern sein Sprecher Marco Haase ab, „deshalb werden wir uns zu den Vorwürfen nicht äußern.“ Am Vortag war ein interner Bericht des Europarats publik geworden, der die Unterbringung von Hamburger Abschiebegefangenen als menschenunwürdig anprangert. Die Opposition fordert Nagel auf, neben Justizsenator Roger Kusch (CDU) Stellung zu nehmen.

Kuschs Behörde ist nur in Amtshilfe tätig. Ob die Abschiebehaft ordnungsgemäß verläuft, muss das Innenressort überprüfen. „Nagel darf sich nicht herausreden, er habe mit der Durchführung der Abschiebehaft nichts zu tun“, mahnt die SPD. Auch die GAL verlangt: „Der Innensenator muss die Einhaltung europäischer Standards für die Unterbringung einfordern.“

Wie berichtet, rügt der Europarat die Unterbringung im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis als „völlig inakzeptabel“. Unter anderem hätten Abschiebehäftlinge nur eine Stunde täglich Freigang, Außenkontakte würden unterdrückt. Auch die „etwas bessere“ Lage im Fuhlsbütteler Gefängnis sei „bei weitem nicht zufriedenstellend“. Die Kritik fußt auf einer Inspektion vom November. Ein offizieller Bericht soll im Sommer folgen.

Kusch selbst schweigt bisher zu den Vorwürfen. Sein Sprecher Carsten Grote betonte, die vom Europarat geforderte Unterbringung der Abzuschiebenden in eigenen „Gewahrsamseinrichtungen“ könne die Stadt nicht bezahlen. Mit zurzeit 50 sitzen die meisten Abschiebehäftlinge in einem separaten Bereich in der JVA Fuhlsbüttel ein. Im umstritteneren Knast Holstenglacis sind drei Männer und sechs Frauen in Haft. Grote kündigte an, in Fuhlsbüttel werde jetzt auf 98 Plätze erweitert. Frauen würden dort aber auch künftig nicht untergebracht. EVA WEIKERT