Krieg der Welten

MEDIENKOMPETENZ Ein fiktiver Fernsehbericht über eine russische Invasion löst in Georgien Panik aus

Einige Minuten lang brachen die Handynetze zusammen, Notfallstationen verzeichneten einen Anruferrekord

Einen Scherz der makabren Art erlaubte sich der private georgische Fernsehkanal Imedi TV am vergangenen Samstagabend zur besten Sendezeit. Im Rahmen der wöchentlichen Nachrichtensendung „Kronika“ strahlte der Sender einen 30-minütigen gefälschten Bericht über eine angebliche russische Militärinvasion in Georgien aus.

Die Geschichte spielt nach den Kommunalwahlen im Juni 2010. Die Opposition unter Führung des Vorsitzenden der Partei Demokratische Bewegung für ein vereintes Georgien, Nino Burdschanadse, sowie des früheren Regierungschefs und Chefs der Partei Bewegung für ein faires Georgien, Zurab Nogaideli, ruft zu Protesten gegen Wahlfälschungen und Manipulationen auf. Russland nutzt die Unruhen, um ins Nachbarland einzumarschieren, und lässt Häfen und Flughäfen bombardieren. Der Bericht endet mit Nachrichten von schweren Zusammenstößen in den Außenbezirken der Hauptstadt Tiflis und vom Tod des Staatspräsidenten Micheil Saakaschwili.

Lediglich kurz vor Beginn der Sendung hatte die Moderatorin die Zuschauer wissen lassen, dass es sich um einen Fake handele. „Haben Sie jemals an das Ende der georgischen Eigenstaatlichkeit gedacht? Wahrscheinlich ja, denn diese Bedrohung haben wir bereits im Sommer 2008 zu spüren bekommen“, sagte sie und spielte damit auf den Krieg zwischen Russland und Georgien im August 2008 um die abtrünnige Region Südossetien an. Bei den Gefechten waren schätzungsweise bis zu 200 Menschen getötet und Zehntausende zu Flüchtlingen gemacht worden. Die russische Taktik gegenüber Georgien werde immer gefährlicher, sagte die Moderatorin weiter, und „wir werden sehen, wie sich die Ereignisse entwickeln könnten, wenn sich die Gesellschaft nicht gegen die Pläne Russlands zusammenschließt“.

Der Beitrag löste in der Bevölkerung Panik aus. Einige Minuten lang brachen Handynetze zusammen, Notfallstationen verzeichneten eine Rekordzahl von Anrufen. In der Stadt Gori, die 2008 vorübergehend von russischen Truppen besetzt war, stürmten Menschen in die Geschäfte, um sich mit dem Notwendigsten zu versorgen.

Nach der Übertragung und einem Auftritt der Pressesprecherin des Staatspräsidenten entschuldigte sich Imedi TV für den Beitrag. Ziel sei es gewesen, sich Russlands aggressiven Plänen entgegenzustellen.

BARBARA OERTEL