Kindeswohl wird verbindlich

VORSORGE Eltern in Niedersachsen werden ab April per Brief an die freiwilligen Untersuchungen ihrer Kleinkinder erinnert. Wer die Termine trotzdem versäumt, könnte Ärger mit den Behörden bekommen

Gehen die Eltern nicht zur Vorsorge, wird notfalls das Jugendamt eingeschaltet

Rund 320.000 Eltern kleiner Kinder in Niedersachsen erhalten demnächst Post von den Behörden: Das Landesamt für Jugend und Soziales will ab April die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder bis zum vierten Lebensjahr verbindlicher machen. Ziel ist es, Fälle von Verwahrlosung und Misshandlung schneller zu entdecken.

Die Familien würden per Brief an den Termin erinnert, sagte Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) am Montag. Wenn die Eltern daraufhin nicht an der Vorsorge teilnehmen, werde notfalls das Jugendamt eingeschaltet. Das Landesamt rechnet damit, dass in rund fünf Prozent der Fälle eine solche Meldung notwendig sein wird. Rechtlich verpflichtend sind die Untersuchungen aber weiterhin nicht.

Niedersachsen ist eines der letzten Bundesländer, das die Früherkennungsuntersuchungen verbindlicher macht. Bislang werde die Vorsorge von den Eltern sehr gut angenommen, sagte Ross-Luttmann. So lag die Quote der untersuchten Kinder bis zum ersten Lebensjahr 2006 bei über 90 Prozent. Allerdings nehme die Teilnahme an den späteren Untersuchungen wieder ab, teilte die niedersächsische Ärztekammer mit. Vor allem Kinder aus Migranten-Familien würden nicht so oft untersucht: Hier liegt die Quote bei 60 bis 70 Prozent.

In Hamburg läuft seit Anfang 2010 ein ähnliches Projekt. In einem zweijährigen Modellversuch werden die Eltern von etwa 33.000 Kindern mit Postkarten an die Untersuchungen erinnert. Gehen die Eltern trotz Mahnung nicht zum medizinischen Check, nehmen die Behörden Kontakt mit ihnen auf.

In Schleswig-Holstein sind Vorsorgeuntersuchungen für alle Kleinkinder bereits seit April 2008 Pflicht – dort sind die Untersuchungen für Kinder im Alter von drei Monaten bis etwa fünfeinhalb Jahren (U4 bis U9) verbindlich. Alle betroffenen Eltern werden vor den Arztterminen vom Landesfamilienbüro angeschrieben.  (dpa)