Etwas milderes Urteil in Aussicht gestellt

Gericht erklärt: Zwei der im „Ehrenmord“-Prozess Angeklagten könnten eventuell nur wegen Beihilfe verurteilt werden

Im so genannten Ehrenmord-Prozess hat das Gericht erstmals angedeutet, dass es von einer Verurteilung aller drei Sürücü-Brüder wegen gemeinschaftlichen Mordes Abstand nimmt. Der Vorsitzende Richter teilte gestern den beiden älteren Brüdern offiziell mit, dass – im Falle einer Verurteilung – auch eine wegen Beihilfe zum Mord in Frage kommt.

Beobachter hegen schon seit langem Zweifel daran, ob der Prozess mit einem Schuldspruch gegen alle drei Brüder enden wird. Allerdings hatte das Gericht vor einer Woche einen Antrag der Verteidiger abgelehnt, die beiden älteren Brüder aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Es bestehe weiter dringender Tatverdacht, so die Begründung des Gerichts.

Die drei Brüder Ayhan (19), Alpaslan (25) und Mutlu (26) Sürücü stehen seit September wegen gemeinschaftlichen Mordes vor dem Landgericht. Gemeinsam sollen sie ihre 23-jährige Schwester Hatun getötet haben, weil deren Lebensstil die Familienehre verletzt habe. So steht es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Danach soll Ayhan die tödlichen Schüsse abgegeben, Alpaslan am Tatort Schmiere gestanden und Mutlu die Waffe besorgt haben.

Zu Beginn des Prozesses hatte Ayhan, der jüngste der drei Brüder, überraschend die Schuld auf sich genommen. Er will die Tat alleine begangen haben. Da er im juristischen Sinne als Heranwachsender gilt, kann er nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Die Höchststrafe beträgt dann zehn Jahre. Die beiden älteren Brüder bestreiten nach wie vor jede Beteiligung an der Tat.

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt, dann wird das Gericht noch einmal über zahlreiche Beweisanträge der Verteidiger entscheiden. Lehnt es diese ab, beginnen die Plädoyers. Mit einem Urteil ist frühestens Ende des Monats zu rechnen. SABINE AM ORDE