LESERINNENBRIEFE
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Es war anstrengend

■ betr.: „Die erste Trennung“, taz vom 20. 7. 13

Der Autorin wünsche ich viel Glück. Das zweite Lebensjahr mit unserem ersten Jungen war so anstrengend, dass ich ohne Kita nicht bereit war, ein weiteres Kind zu zeugen. Dann hatten wir das Glück, einen Kitaplatz zu bekommen: vier Gruppen für U 3 mit jeweils drei Erzieherinnen und jeweils drei Räumen, zudem gibt es einen Turnraum, gekocht wird auch, und frische Luft am Stadtrand. Meine Frau hat nach dem ersten und jetzt nach dem zweiten Kind mit 20 Stunden weitergearbeitet und sich beruflich verbessert, so dass wir von ihrer Stelle (mit normalerweise 30 Stunden) leben. Ich bin Soziologe, habe auch Medizin studiert und bin und bleibe Hausmann und bin mit meiner Frau vom Land in die Nähe ihres Büros gezogen.

Das Anstrengendste im dritten Lebensjahr unseres Großen war das Abholen von der Kita, wo wir als Einzige der Gruppe nur 35 Stunden hatten und alle anderen 45. SILVANO CHOW, Münster

Aufs Herz gehört

■ betr.: „Die erste Trennung“, taz vom 20. 7. 13

Ich möchte Frau Jana Petersen ganz herzlich für diesen umfangreichen Artikel danken und ihr zu ihrer Entscheidung, weiter bei ihrem Kind zu bleiben, gratulieren. Endlich einmal ein Artikel gegen den aktuellen „Trend“, frühkindliche Erziehung und Bildung (keine Bildung ohne Bindung!), die Eltern heutzutage offenbar nicht mehr zugetraut wird, zu verstaatlichen … und eine Mutter, die auf ihr Herz hört und sich nicht beirren lässt. Ich freue mich besonders als Erzieherin, die gerade Vollzeit vier Jahre in einer Krippe gearbeitet hat und sich jetzt aus Überzeugung dagegen entschieden hat, darüber. ANGELIKA GERHARDT, Flensburg

Welche Rolle hat der Vater?

■ betr.: „Die erste Trennung“, taz vom 20. 7. 13

In Petersens Artikel kommt 22 Mal das Wort „Mutter“ (Singular oder Plural) vor. „Väter“ werden einmal erwähnt, für sie scheint bei der Sorge für Kleinstkinder keine Rolle vorgesehen zu sein. Der eine Satz, der sie nennt, enthält einen bemerkenswerten politischen Vorschlag: 18 Monate Elterngeld für Mütter, 2 für Väter. Paare, bei denen beide gleichviel (Eltern-)Zeit mit dem „Kleinchen“ verbringen wollen, kann sich die Autorin entweder nicht vorstellen, oder sie fände das verkehrt. Von finanzielle Anreizen für eine paritätische Erziehung – zum Beispiel weil es besser für Kinder sein könnte, zu beiden Elternteilen Bindung entwickeln zu können – ganz zu schweigen.

Um der subjektiven Erzählperspektive gerecht zu werden: Die Autorin bezeichnet sich selbst nicht als alleinerziehend, ihre Schwester dagegen schon. Wie kommt es dann, dass ihr Partner und Kindsvater nicht präsent ist? Die Autorin berichtet von ihrer individuellen, einsamen Entscheidung über die Kindersorge. Ich dachte, bei gemeinsamer Erziehung wird so was gemeinsam überlegt? Scheint mir ein typischer Fall des ganz klassischen „alleinerziehend in Partnerschaft“. Das nicht zu reflektieren, macht einen kompetenten Artikel unmöglich. Auch wenn die sonntaz dick und gemütlich sein möchte, hätte ich gerne ein journalistisches Produkt – kein Selbstmitleid mit Ideologie-Trostpflaster. Anstelle dessen braucht es ein Minimum an journalistischer Recherche, die zum Beispiel nicht nur die eigene Mutter befragt, wenn es um Institutionengeschichte geht.

Die Gründung von Kindergärten geschah nicht erst in der BRD und stand natürlich auch in Zusammenhang mit „Not“, das heißt Industrialisierung und Auflösung (und Anpassung!) von Sorgestrukturen. Gänzlich unüberlegt wird eine „gute“ vorindustrielle, großfamiliäre Betreuung fingiert, die tatsächlich bei den Standards der Autorin nicht bestehen könnte: Für das emotionale Spiegeln der Winzlinge war neben Feld- und Hofarbeit vermutlich nicht so arg viel Zeit; als „artgerecht“ galt dagegen das elterliche „Züchtigungsrecht“.

Ähnlich irreal ist der behauptete „gesellschaftliche Konsens“ einer außerfamiliären Betreuung von über Einjährigen, der durch die Kita-Platz-Garantie „zementiert“ würde. Die Autorin bastelt sich hier einen Gegner, der ihre inhaltlichen Auslassungen rechtfertigt. Zu guter Letzt werden Fläschchen und Kinderwagen für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus verantwortlich gemacht. Wo so viel Überhöhung notwendig ist, wird Reflexion unmöglich.

Nein, eine Reduzierung von Elternschaft auf Mutterschaft ist bestimmt kein Weg in das Paradies Rio Reisers, eher tatsächlich in dasjenige Eva Hermans. Mit Kindeswohl hat das wenig zu tun, eher mit mütterlicher ideologischer Selbstbefriedigung. Weil ich die ganze Story wissen möchte, schlage ich vor, demnächst vom zur Autorin gehörigen Kindsvater ein paar Zeilen zu veröffentlichen.

ULRIKE MÜLLER, Berlin

Haarbürste kann Telefon sein

■ betr.: „Meiner kommt nicht in die Kita“, taz.de vom 19. 7. 13

auch ich bin natürlich der meinung, dass die qualität der kitas unbedingt verbessert werden muss, aber, wenn man bei kitas nur von verwahranstalten spricht, so tut man den erziehern unrecht! diese sind nämlich sehr wohl entsprechend ausgebildet und gehen liebevoll mit unseren kindern um – zumindest habe ich noch nichts anderes erlebt. außerdem schwingt hier implizit der vorwurf mit, mütter gäben ihre kinder einfach so in verwahrung, und zwar, ohne sich gedanken zu machen, und das nur, weil sie wieder arbeiten wollen (müssen). braucht ein kind wirklich ständig neues spielzeug? ich denke nicht. zu hause gibt es das (zumindest bei uns) auch nicht. wichtiger ist ja wohl, die fantasie der kinder anzuregen. auch eine haarbürste kann ein telefon sein … LILITH, taz.de