Minister hat WM-Karten übrig

Der EnBW-Konzern lud drei baden-württembergische Minister zu WM-Spielen ein. Zwei sagten nein, einer dankte. Nun bestreitet er, Tickets angenommen zu haben

BERLIN taz ■ Ernst Pfister kennt sich aus in der Landespolitik von Baden-Württemberg. Seit fast 26 Jahren sitzt der Gymnasiallehrer für die FDP im Landtag in Stuttgart, acht Jahre führte er die Fraktion. Vor zwei Jahren stieg er zum Wirtschaftsminister und stellvertretenden Landesvater auf. Eigentlich kennt Pfister alle Tücken der Politik. Doch jetzt hat er ein Problem – und das mitten im Landtagswahlkampf.

Der 58-Jährige soll Ticketgutscheine für Spiele der Fußball-WM in Stuttgart vom Energiekonzern EnBW angenommen haben. Das behauptet Konzernchef Utz Claassen. Der Minister sei auf das Angebot „dankend“ zurückgekommen, sagt Claassen der Nachrichtenagentur dpa.

Der Wirtschaftsminister bestreitet diese Darstellung. In der Weihnachtspost habe Pfister einen Gutschein für WM-Tickets entdeckt, sagte Sprecher Thomas Schwara gestern der taz. „Nach dem Winterurlaub hat sich der Minister umgehend für die Weihnachtsgrüße von EnBW bedankt“, sagte Schwara. Das heiße aber nicht, dass er die Karten damit angenommen habe.

Neben Pfister haben auch sein Parteifreund und Justizminister Ulrich Goll sowie Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) je zwei Tickets für die WM angeboten bekommen. Sie wiesen die Geschenke jedoch sofort zurück. Auch mehrere Landtagsfraktionen haben offenbar Einladungen von EnBW bekommen. „Mir wurden Eintrittskarten Anfang Februar angeboten. Ich habe aber dankend abgelehnt“, sagte Ulrich Noll, der FDP-Fraktionschef. Auf Bitten der EnBW habe er in der Fraktion gefragt, ob jemand Tickets wolle. Doch alle hätten Nein gesagt.

Die schwarz-gelbe Regierung von Ministerpräsident Günther Oettinger hat sich im laufenden Landtagswahlkampf für eine Aufweichung des Atomausstiegs stark gemacht. Die Regierung will, dass EnBW die Laufzeiten jüngerer Kraftwerke auf den Atommeiler Neckarwestheim I übertragen lassen kann.

Nach Informationen der taz hat das Karlsruher Unternehmen nicht nur Politiker zu Spielen der Fußball-WM in Stuttgart eingeladen, sondern auch Journalisten. Demnach hat das Unternehmen seine WM-Tickets im Januar angeboten. Darunter waren auch Eintrittskarten für das Spiel um den dritten Platz, das am 8. Juli in Stuttgart angepfiffen wird. Eine WM-Karte kostet in Stuttgart zwischen 25 und 120 Euro, sie sind aber sehr schwer zu kriegen.

Seit Februar ermittelt die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen EnBW-Chef Utz Claassen: Durch seine Ticket-Geschenke an Politiker habe er Amtsträgern einen Vorteil angeboten, lautet der Vorwurf. Sollte Claassen in einem Prozess verurteilt werden, drohen ihm bis zu drei Jahre Haft. EnBW ist einer der wichtigsten Sponsoren der Fußball-WM. Für insgesamt 12,9 Millionen Euro hat der Konzern das Recht für insgesamt 12.000 Eintrittskarten und das WM-Logo gekauft. Die Tickets muss der Konzern aber noch bezahlen.MAURITIUS MUCH