„Es herrscht große Verzweiflung“

ABSCHIEBUNG Eine Lehrerin muss mit ansehen, wie die Familie ihrer Schüler in das Kosovo abgeschoben wird. Jahrelang hatte sie gegen die Rückführung gekämpft – trotzdem fliegen die Zizakus heute ins Ungewisse

■ unterrichtet an der Marienschule in Damme, wo sie die Kinder Zizaku kennengelernt hatFoto: privat

taz: Frau Fritz, heute wird in Holdorf bei Vechta die Familie Ihrer ehemaligen Schülerin Fetijane Zizaku in das Kosovo abgeschoben. Wie muss man sich das vorstellen?

Hilde Fritz: Irgendwann in der Nacht sollen sie abgeholt werden. Es ist eine ganz große Verzweiflung da. Vor allem natürlich bei der Mutter. Ich habe gehört, dass sie vor zwei Tagen zusammengebrochen sein soll.

Sie haben sich sehr für die Mutter und ihre vier Töchter engagiert. Bleiben Sie in Kontakt?

Gottfried Orth, mit dem ich im Jahr 2006 einen Unterstützungsfonds für die Familie gegründet habe, wird im Mai in den Kosovo fliegen. Er will sich dort angucken, ob ihnen wie versprochen eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird und ob sie versorgt sind. Man hört da ja leider immer wieder andere Geschichten.

Welchen Zweck hatte der Fonds?

Der wurde 2006 gegründet, als die Familie schon mal abgeschoben werden sollte. Mit dem Geld sollten sie wirtschaftlich unabhängig werden. Die Ausländerbehörde begründet die Abschiebung ja damit, dass die Zizakus wirtschaftlich nicht integriert seien. Nur der Sohn darf bleiben, weil er hier Arbeit hat.

Wie ist es für ihn, als Einziger zurückzubleiben?

Er ist verzweifelt und weiß nicht, wie er hier weiterleben soll. Das Verwaltungsgericht sagt, er könne ja auch gehen. Bis Freitag haben wir gehofft, dass das Gericht die Eilanträge doch noch positiv beurteilen wird.

Zwei der Kinder haben Sie bis zuletzt unterrichtet. Wie gehen die anderen Schüler mit der Abschiebung um?

Das Thema ist bei uns in der Klasse dauerpräsent und es ist eine große Hilflosigkeit da. Die meisten Schüler können nicht verstehen, was da passiert. Gestern haben sie zum Abschied sogar unaufgefordert Geschenke gebastelt und Fotos gemacht. Und ein Junge, der sonst immer sehr cool tut, hat mir erzählt, dass er gebetet hat. INTERVIEW: UTA GENSICHEN