Bush umgarnt Indien

US-Präsident betont bei Besuch in Delhi gemeinsame demokratische Werte. USA wollen Indien moderne Waffen verkaufen. Tote bei anhaltenden Proteste gegen Bush-Besuch

BOMBAY taz ■ Mit Lob für Indiens Demokratie und wirtschaftliche Liberalisierung hat US-Präsident George W. Bush gestern seinen Gastgebern eine strategische Partnerschaft angeboten. „Gemeinsam werden Amerika und Indien das Licht der Freiheit in die dunkelsten Ecken dieser Welt bringen“, sagte Bush am Abend in Delhi bei einer live im Fernsehen übertragenen Rede. Er sei als Pilger und Freund gekommen. Obwohl Indien und die USA auf anderen Seiten des Globus lägen, seien sie sich näher denn je, so Bush. „Unsere beiden Nationen wurden geschaffen auf der Basis, dass alle Menschen gleich sind.“ Er forderte den Handel zu verstärken: „Nur eine E-Mail, eine SMS oder eine Videokonferenz trennt ein Unternehmen in Bangalore von einem in Boston.“

Laut Pentagon wollen die USA Indien auch moderne Waffensysteme verkaufen. Die Aussichten für Geschäfte mit Kampfjets, Hubschraubern, Flugzeugen zur Seeüberwachung und Schiffen seien „vielversprechend“. Am Vortag hatten die USA und Indien eine Kooperation bei der Atomenergie vereinbart.

Dabei verzichteten die USA auf ihre Forderung, Indiens Programm für einen Schnellen Brüter unter internationale Kontrolle zu stellen. Delhi wird bis 2014 seine Atomanlagen in militärische und zivile trennen und Letztere unter internationale Kontrolle stellen. Im Gegenzug wollen die USA dafür sorgen, dass die von Indien beklagte „nukleare Apartheid“ abgebaut wird und Delhi Uran und Nukleartechnologie international einkaufen kann. Indien ist erlaubt, weitere Atomkraftwerke in Eigenregie zu bauen und selbst zu entscheiden, ob sie militärischen oder zivilen Status erhalten. Damit unterliegt Indien weiter keiner Produktionsbeschränkung bei waffenfähigem Plutonium. „Indien ist nun eine vollwertige Nuklearmacht“, jubelte die Times of India. Das Abkommen erfreut sich in Indien breiter Zustimmung. Nur einige Funktionäre und Atomwissenschaftler fürchten um die Unabhängigkeit. Gestern besuchte Bush im südlichen Hyderabad eine Managerschule und eine Agrarhochschule. Wieder gab es Proteste gegen den „Kriegstreiber“ und „Imperialisten“. In Hyderabad, dessen Bevölkerung zu 40 Prozent muslimisch ist, hatten islamisten Gruppen zum Generalstreik aufgerufen, der jedoch nur in Teilen befolgt wurde. Im Zentrum lieferten sich Polizisten und Demonstranten eine Straßenschlacht. Auch in anderen Städten gab es Proteste. Im nordindischen Lucknow starben zwei Menschen.

Heute besucht Bush Pakistan. Dessen Militärmachthaber Pervez Musharraf begrüßte das indisch-amerikanische Atomabkommen und fordert Ähnliches für sein Land, das wie Indien nicht dem Atomwaffensperrvertrag angehört. Washington lehnt eine Nuklearkooperation wegen der Weitergabe pakistanischer Atomtechnologie an Libyen, Iran und Nordkorea ab.

REGINE HAFFSTEDT