Party statt Abriss

Kölner Hausbesetzer wollen den Abriss des Barmer Viertels verhindern: Noch wird nicht zwangsgeräumt

KÖLN taz ■ In Köln wächst der Widerstand gegen den Abriss des Barmer Viertels. Über 80 Menschen haben am frühen Samstagabend mehrere leer stehende Häuser besetzt. Mit ihrem „Einzug“ wollen die BesetzerInnen die Zerstörung von 381 völlig intakten Wohnungen verhindern. Die von mehreren Wachdiensten alarmierte Polizei rückte zunächst mit vier Streifenwagen an, verzichtete gestern bis Redaktionsschluss aber auf eine Zwangsräumung der Häuser.

Hintergrund der Proteste sind völlig verfehlte Planungen der Stadt Köln: Dem 1913 erbauten rechtsrheinischen Barmer Viertel droht seine Lage zwischen Messe und Deutzer Bahnhof zum Verhängnis zu werden. Auf dem Gelände sollten Bürohochhäuser und ein Kongresszentrum entstehen, die Bahn wollte Deutz zum Drehkreuz für ihre ICE-Schnellzüge aufrüsten.

Beide Projekte aber scheiterten: Weil die Bürotürme den Kölner Dom überragt hätten, setzte die Unesco das Baudenkmal auf die Rote Liste. Der Stadtrat ließ die Pläne daraufhin fallen (taz berichtete). Auch die Bahn verzichtete auf den Ausbau ihres Deutzer Bahnhofs. Die Abrissbagger aber sollen trotzdem anrollen. Dabei ist Wohnraum in Köln knapp und teuer: Die Durchschnittsmiete liegt bei über acht Euro pro Quadratmeter. Die Kölner Mieten liegen damit noch über denen der überteuerten Landeshauptstadt.

Die BesetzerInnen dagegen wollen die Vernichtung des Wohnraums für über 1.000 Menschen verhindern – und laden zum Mitwohnen ein. Schließlich wolle sich die Stadt den Abriss über 100 Millionen Euro kosten lassen, während arbeitslose Hartz IV-Empfänger kaum bezahlbare Wohnungen finden. Eine erste Besetzungsparty startete bereits in einer neuen Bar an der Deutz-Mülheimer Straße.

ANDREAS WYPUTTA