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900.000 schlaue Zauberblätter

Hamburg Marketing GmbH und Kulturbehörde initiieren vierteiliges Magazin, das ab April der „Süddeutschen“ und weiteren überregionalen Zeitungen beiliegen soll. Über Kosten und Nutzen des Projekts schweigt man sich aus

„Hamburg ist überhaupt nicht mit Berlin vergleichbar“

Das Budget bleibt noch geheim. Der Erfolg wird nicht gemessen. Oder, vielleicht, nach Jahresfrist dann doch: Mit dichtem Nebel umgibt sich das Team jener 32-seitigen Hamburg-Beilage, die zunächst viermal erscheinen soll und von Hamburg Marketing GmbH und Kulturbehörde initiiert wurde: Der Süddeutschen Zeitung (SZ), die die entsprechende Ausschreibung gewann, vermutlich auch der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sowie der Financial Times Deutschland soll das Magazin am 2. bzw. 3. April erstmals beiliegen. Jeweils zum Quartalsende werden auch die folgenden drei Ausgaben erscheinen, betreut vom Magazin-Team der SZ sowie in Hamburg ansässigen Redakteuren.

Doch noch sei vieles ungewiss, betont Stefanie Greca, als Objektleiterin des SZ-Magazins auch zuständig für die neue Hamburg-Beilage. Bezüglich der Themen schweigt sie sich weitgehend aus. Sicher ist nur, dass die erste Ausgabe der Hamburger Musiklandschaft gewidmet sein wird: Etablierte Bands, Individuen und Orte werden darin ebenso Raum finden wie Newcomer und Off-Szene. Interview, Porträt und andere hintergründige Formate wird es geben; die unkonventionelle Perspektive strebt man an.

Und auch wenn den Initiatoren bewusst ist, dass ein überregional erscheinendes Magazin keinen exorbitanten Reiseboom auslösen wird, hofft Hamburg Marketing-Sprecher Karl-Heinz Blumenberg insgeheim sehr wohl auf Magnetismen: „Wir setzen auf die ,Creative Class‘ – mobile Leute, die es sich leisten können, für ein Wochenende, vielleicht auch für eine Woche nach Hamburg zu fahren – und das nicht nur wegen der Fußballweltmeisterschaft.“

Fast rein zufällig erscheint übrigens die zweite Nummer des Magazins pünktlich zur WM und ist dem Thema „Bewegung“ gewidmet – eine vermutlich dem Fußballgeschehen geltende Ausgabe, die einen Mix aus Kultur und Sport enthalten soll. Und so hofft Blumenberg denn auch, „dass sich aufgrund dieser Marketing-Kampagne vielleicht der eine oder andere entschließt, hier zu studieren oder gar zu leben.“ Und durch seinen Zuzug die personell schrumpfende Stadt wieder zu einer wachsenden zu machen; schließlich ist Letzteres eins der Lieblings-Leitbilder Ole von Beusts. Andererseits wiederum, dies schiebt Blumenberg gleich hinterher, seien die im Magazin ebenfalls enthaltenen Termine „eher der Vollständigkeit halber“ aufgenommen worden. Glaubt er so recht also doch nicht an sein Konzept?

Fragen, die nach Ablauf dieses Jahres zu klären sein werden – dann nämlich, wenn über den Fortgang des in einer Auflage von 900.000 Stück gedruckten Magazins entschieden wird, das einerseits „ein redaktionelles Produkt“ sei, andererseits aber mindestens 30 Prozent der Kosten durch Anzeigen einspielen soll. Die Redaktion sei jedenfalls auch mit Akquise befasst, versichert Blumenberg. Ob die das auch schon weiß?

Je nun, das wird schon werden, will man den „Erfolg“ des Projekts doch letztlich anhand des Feedbacks messen, das „durch Couponing und redaktionell eingebaute Elemente wie Telefonnummern“ zu erzeugen sei, so der Hamburg Marketing-Sprecher. Auch bei Hotelbuchungen könne man sehr leicht feststellen, ob sie auf die Lektüre des neuen Magazins zurückzuführen seien.

Und falls derlei Resultate ausbleiben? „Dann muss man überlegen, ob man das Projekt trotzdem weiterführen will“, so Blumenberg. „Denn diese Idee ist immerhin gänzlich neu.“ Nun ja, jedenfalls für Hamburg. Denn eine Berliner Marketing-Beilage hatte die Süddeutsche vor einiger Zeit bereits gefertigt. Doch für deren Erfahrungen interessiert sich die Hamburg Marketing derzeit nicht. „Das ließe sich ohnehin nicht vergleichen“, weiß Blumenberg. „Hamburg ist ein ganz anderer Fall.“

Petra Schellen

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