Der heimliche Pirat

Hansjörg Schmidt fühlte sich wohl im Internet. Das SPD-Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft nutzt die Dienste von Twitter und Facebook, pflegt einen eigenen Weblog – immer upto date. Seit 2011 ist er netzpolitischer Sprecher. Dann erfuhr er von Edward Snowden und dem NSA-Abhörskandal. „Ich hatte sowas schon geahnt, aber dass die Abhörmethoden doch so tiefgreifend sind, erschreckt mich“, sagt der 38-Jährige.

Sein erster Impuls: Auf die Straße. Mit knapp 300 Menschen demonstrierte er vor der US-Botschaft in Hamburg und forderte: „Stop Prism“. Sein zweiter Impuls: Wissen vermitteln. „Das Thema betrifft uns alle“, sagt er. In seinem Abgeordneten-Büro in Hamburg-Horn überlegt er sich, wie er Otto Normalverbraucher zu mehr Medienkompetenz erziehen kann – und lädt zur Crypto-Party am kommenden Montag ein.

Die Idee kommt aus den USA: Experten zeigen Laien, wie sie E-Mails verschlüsseln, sicherer im Netz surfen und Daten richtig online in einer Cloud ablegen. Schmidt meint, „das kann ich auch“. Zwar ersetze das nicht ein Handeln auf Bundesebene, schaden würde es den BürgerInnen aber auch nicht, sich einmal mit Verschlüsselungstechniken auseinanderzusetzen.

Ist Schmidt ein Pirat im Sozialdemokraten-Pelz? Die Sorge um den Datenschutz gebe es schon länger als die Piraten-Partei, kontert er. Und mit Digitalisierung beschäftige er sich auch schon sein Leben lang. In der Tat befasste er sich früh mit den technischen Grundlagen, studierte Informatik, schloss das Studium aber nicht ab. Stattdessen gründete er 2001 mit vier Kommilitonen eine Softwarefirma.

Sein Wissen um Verschlüsselungstechniken ist auch innerhalb der SPD gefragt. „Optimierungsbedarf gibt es aber parteiübergreifend.“ Mit dem Datenschutz sei es wie mit der Gesundheitsvorsorge, sagt Schmidt: Jedem ist bewusst, dass sie wichtig ist, trotzdem wird sie aufgeschoben. Erst wenn es zu spät ist, denkt man: hätte ich doch bloß. MIRIAM KERN