Tod durch 30 Kugeln

HONDURAS Schon der dritte Journalist seit Anfang März ermordet

Mit mehr als 30 Kugeln wurde Nahúm Palacios letzten Sonntag durchsiebt. Das Auto des Leiters der Nachrichtenredaktion der lokalen honduranischen Fernsehstation Televisora de Aguán-Canal 5 wies über 40 Einschusslöcher auf. Zwei weitere Insassen überlebten das Attentat im Karibikstädtchen Tocoa. Die Mörder konnten unerkannt fliehen.

Seit dem Putsch gegen den linkspopulistischen Präsidenten Manuel Zelaya im vergangenen Juni leben Journalisten in Honduras gefährlich. Allein seit der Amtsübernahme des neuen Staatschefs Porfirio Lobo am 27. Januar sind drei Presseleute erschossen worden. Am 2. März der TV-Journalist Joseph Hernández Ochoa in Tegucigalpa, dann der Radiojournalist David Meza Montesinos in der Stadt La Ceiba an der Karibikküste. Er hatte nach einem Bericht über die Drogenmafia Morddrohungen erhalten. Auch hinter dem jüngsten Mord an dem 34-jährigen Palacios könnten Drogenkriminelle stecken. Tocoa gilt als Hochburg des Kokainhandels.

Reporter ohne Grenzen (ROG) schließt nicht aus, dass auch Militärs in den Mord verwickelt sind. Schließlich war Palacios nach dem Putsch wegen seiner armeekritischen Berichte von Soldaten misshandelt und seine Ausrüstung beschlagnahmt worden. Martha Oliva vom Komitee der Angehörigen von Verschwundenen (Cofadeh) macht die Regierung schon deshalb verantwortlich, weil der Ermordete auf Anordnung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission unter Schutz gestellt werden sollte. Er habe aber keine Leibwächter bekommen.

ROG kritisiert auch die Ernennung des Putschgenerals Romeo Vásquez Velásquez zum Geschäftsführer der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft Hondutel: „Die Ernennung ist nicht nur ein schlechtes Signal für oppositionelle Medien, sie widerspricht auch der von Präsident Lobo erklärten Absicht, das tief gespaltene Land wieder zu versöhnen.“ RALF LEONHARD