Hoffnung für die letzte Schweizer Geisel

STREIT MIT LIBYEN Genfer Kantonsregierung gesteht Mitverantwortung für die Veröffentlichung der Haftfotos von Gaddafi-Sohn Hannibal ein und bietet Entschädigung an. Gelöst ist der Konflikt damit aber noch nicht

Genf taz | In der Schweiz wächst die Hoffnung auf die baldige Freilassung der letzten noch in libyscher Haft befindlichen Geisel Max Göldi, nachdem die Regierung des Kantons Genf erstmals ihre Mitverantwortung eingeräumt hat für die Veröffentlichung der Polizeifotos von Hannibal Gaddafi. Genf ist bereit, dem Sohn des libyschen Diktators eine „angemessene Entschädigung“ zu zahlen.

Wegen schwerer Körperverletzung, begangen an seinen Dienstboten, wurde Hannibal Gaddafi im Juli 2008 in einem Genfer Luxushotel festgenommen und verbrachte 24 Stunden in Haft. Fast ein Jahr später veröffentlicht die Zeitung Tribune de Genève die Fotos des Inhaftierten, die ihr ein Genfer Polizeibeamter zugespielt hatte. Bislang hatte die Genfer Kantonsregierung diese Amtsgeheimnisverletzung lediglich „bedauert“. Jetzt aber erkennt sie ihre „Mitverantwortung“ für diese Tat und damit für die Veröffentlichung der Bilder an. Zudem erklärte sie sich im Grundsatz zu einer finanziellen Entschädigung bereit. Hannibal Gaddafi hatte im vergangenen Dezember vom Kanton Genf, von der Tribune de Genève und einem ihrer Journalisten eine Wiedergutmachung von 100.000 Franken für den von ihm „erlittenen moralischen Schaden“ verlangt.

Die Regierung betont allerdings, die Zeitung habe die entscheidende Rolle gespielt, „weil sie allein über die Publikation der Polizeifotos entschied“. Die Tribune de Genève gab zunächst keine Stellungnahme ab. Bislang hatte Chefredaktor Pierre Ruetschi die Veröffentlichung der Fotos immer verteidigt.

Ob die Geste der Genfer Regierung ausreicht, um den Konflikt zwischen der Schweiz und Libyen zu lösen, ist allerdings fraglich. Die Regierung in Tripolis hatte letzte Woche weitergehende Bedingungen für die Freilassung der seit 15. Juli 2008 festgehaltene Geisel Max Göldi gestellt: den Rückzug der Liste mit 188 libyschen Staatsangehörigen, die auf Betreiben der Schweiz kein Schengenvisum erhalten, die Einsetzung eines internationalen Schiedsgerichts, das die Verhaftung von Hannibal untersuchen soll, und die „Bestrafung“ der für die Festnahme Hannibals verantwortlichen Beamten. ANDREAS ZUMACH

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