„Man muss die goldene Mitte treffen“

EIS I Maurice Staratzky vom „Eisliebe“-Laden in Hamburg macht das Eis jeden Tag frisch. Bei zu viel Fett wird es zu fest, bei zu wenig schmeckt es nicht. Für den Schmelz muss Luft hinein. Eine Spezialität ist Milchreis-Eis

■ 19, ist gelernter Speiseeishersteller vom „Eisliebe“-Laden in Hamburg-Ottensen, Bei der Reitbahn 2. Eine Kugel verkauft er für einen Euro.

INTERVIEW E.F. KAEDING

taz: Herr Staratzky, was macht gutes Eis aus?

Maurice Staratzky: Bei Fruchteis kommt es auf die Balance zwischen Süße und Säure an, im Milcheis auf den Fettgehalt. Enthält das Eis zu viel Fett, wird es zu hart. Enthält es zu wenig, wird der Geschmack schlechter auf die Zunge übertragen. Man muss die goldene Mitte treffen.

Ein Eis kauft man im Supermarkt in wenigen Minuten. Bei Ihnen warten Menschen mitunter eine halbe Stunde auf den Genuss einer Kugel. Was ist das Geheimnis?

Die Frische! Wir sind der einzige Betrieb in Hamburg, der das Eis jeden Tag frisch anrührt. Die Menge der Portionen versuchen wir so zu regeln, dass sie so nur für den Tag halten. Mengenherstellung ist natürlich nicht schlimm, aber es schlägt sich eben doch geschmacklich nieder.

Inwiefern?

Von der Bildung von Eiskristallen durch die längere Lagerzeit bis zum Schmelzpunkt auf der Zunge durch geringeres Volumen im Eis.

Spielt die Qualität der Produkte auch eine Rolle?

Bei vielen Eisbetrieben werden natürlich einfach irgendwelche Pasten oder Pulver reingerührt statt zum Beispiel frische Erdbeeren. Wir nehmen frische Erdbeeren und versuchen uns generell mit Früchten viel an Bio zu halten. Das Gleiche gilt für unsere Milch, Pasten sowie Kokosflocken, Mohn und Sesam. Das sind alles Bioprodukte. Besondere Pasten allerdings bekommen wir von speziellen Firmen. Die sind dann nicht bio.

Ihre Eis-Auswahl im Laden ist übersichtlich gehalten …

Wir haben zwölf Sorten. Die „Festen“ sind Vanille, Schoko, Nuss-Nugat und Joghurt. Die haben wir jeden Tag. Zwei Sorten wechseln – etwas ausgefallenere Sachen wie Mohn und Sesam. Und dann haben wir noch drei Fruchtsorten, die auch wechseln: Pampelmuse, Zitrone und Erdbeereis.

„Das Leben ist wie ein Eis, Du musst es aufessen, sonst hast Du nichts davon“

Charlie Brown

Auch Zimt-Pflaume?

Genau, das ist dann aber ein Saison-Eis. Im Hochsommer würden wir das nicht anbieten. Eher im Oktober, wenn die Pflaumen-Zeit beginnt.

Was lässt sich gegenwärtig probieren?

Rhabarber. Das ist ein Milch-Sahne-Eis mit einem Rhabarberkompott. Und dann haben wir gerade Othello.

Eine dramaturgische Eis-Komposition? Wahnsinn!

Der Eigenname könnte eher von den Bestandteilen herrühren: Kokosnuss mit Schokolade. Die Bezeichnungen sind an das Italienische gerichtet. Unser Nuss-Nugat heißt Gianduia, das ist dort der typisch-italienische Name für Nuss-Nugat-Eis.

Crema di Riso?

■ Zutaten Vanille-Eis: 250 ml Vollmilch, eine Prise Salz, 150 g Zucker, 2 Vanilleschoten, längs gespalten, 500 ml Sahne, 7 große Eigelbe, 1 Teelöffel Vanille-Extrakt (vorzugsweise auf Alkohol- nicht Öl-Basis)

■ 1. In eine Pfanne Milch, Salz und Zucker geben, dazu zwei Bourbon-Vanilleschoten aufschneiden, auskratzen, hinein bröseln. Die ganzen Schoten danach mit hineinwerfen. Alles aufwärmen. Deckel drauf, von der Herdplatte ziehen. Eine Stunde abkühlen lassen.

■ 2. Vorbereitung für das spätere Zusammenrühren der Eis-Mischung: Eine 2-Liter-Schüssel in eine größere Schüssel mit Eiswürfeln und Wasser stellen. Ein Sieb über die kleinere Schüssel legen, die Sahne hineinkippen.

■ 3. In einer weiteren Schüssel die Eigelbe zusammenrühren. Die Milch-Mischung erneut aufwärmen und in die Schüssel mit dem Eigelb stetig mit einem Schneebesen einquirlen. Danach alles zurück in die Pfanne.

■ 4. Schwach kochen lassen und ständig umrühren, den Boden dabei mit einem hitzebeständigen Spachtel abkratzen. Solange bis die Eier-Vanillecreme so weit verdickt, dass sie am Spachtel kleben bleibt.

■ 5. Die Eier-Vanillecreme durch das Sieb in die Sahne drücken. Vanille-Extrakt rein. Umrühren bis die Mischung abgekühlt ist. Über Nacht im Gefrierschrank lagern. Wer nicht warten möchte, der lässt sie ein paar gute Stunden in der Kühlung.

■ Zubereitung Keksteich: 150g Butter/ Margarine, 200 g Zucker, Mehl

■ In einer Schüssel Butter und Zucker zusammenrühren bis die Mischung schaumig ist. Etwas Mehl hinzugeben. Das Vanilleeis aus der Kühlung nehmen und kurz antauen lassen. Aus dem Keksteich haselnussgroße Bälle formen, von der Bitter-Schokolade abbrechen, beides unter das Eis heben. Erneut durchkühlen lassen. Fertig ist das Amateur Ben & Jerry’s Cookie Dough.

■ Klausur: Der Amateur darf sich auf die Schulter klopfen. Ein Löffel schmeckt wie tausend Kalorien. Wer von Vanille nicht genug bekommen kann, dem sei Lebovitz’ Rezept empfohlen. Der Keksteich dagegen mahlt kräftig in der Kauleiste. Er erinnert gefährlich an Sandkörner zwischen den Zähnen – besser als weißer Zucker wäre der braune amerikanische Zucker gewesen, der statt groben Körnern durch eine wunderbare feuchte Klebrigkeit besticht.

■ Fazit: So gut die „Eigenkreation“ mundet, sie ist vom Original Ben & Jerry’s Cookie Dough so unerreichbar weit weg, wie der hinter dem trüben norddeutschen Deich sitzende Autor vom Auslöser seiner Nostalgie, dem sonnenreichen Kalifornien.

Ja, das ist mit das bekannteste Eis von uns. Ein Milchreis-Eis. Das Besondere ist, dass der Milchreis auf eine Art gekocht wird, dass er im Eis weich bleibt. Dazu gibt es eine Erdbeer- oder Himbeer-Soße.

Wie aufwändig ist die tägliche Produktion?

Pro zehn Liter brauchen wir maximal vier bis sechs Minuten. Aber das ist von Sorte zu Sorte natürlich auch unterschiedlich; Fruchteis dauert generell länger als Milcheis. Bei Haselnuss zum Beispiel wird das Nussmus nur kurz abgewogen, dann untergemixt. Vanille ist etwas aufwendiger, weil wir die Schoten vorher aufkochen und das Mark auskratzen.

Haben sie ein paar Tipps für den Heimwerker ohne Eismaschine?

Es ist halt wichtig, dass das Eis immer in Bewegung ist. Wer nur eine Schüssel ins Eisfach stellt, bei dem bilden sich zu viele Eiskristalle. Außerdem viel Luft unterschlagen, damit sich Volumen bildet. So bekommt das Eis einen schönen Schmelz. Es gibt mittlerweile aber auch kleine Eismaschinen für den Heimbedarf. Die stellt man ins Kühlfach und dann rührt die über Nacht.