Kurzdienst noch umstritten

ZWANGSDIENSTE Guttenberg verkündet Verkürzung von Wehr- und Zivildienst ab Herbst – und lässt alle Fragen offen

„Da wird jetzt bloß der Gammeldienst verkürzt. Das ergibt ohne Konzept keinen Sinn“

Andreas Ahammer, ehemaliger Wehrdienstleistenden-Vertreter

VON LUISE STROTHMANN
UND ULRIKE WINKELMANN

Der Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) freute sich am Mittwoch sehr, dass es „gelungen ist, früher als angekündigt“ ein Konzept zur Verkürzung des Wehr- und Zivildienstes von neun auf sechs Monate vorzulegen. Er sei sicher, dass die jungen Männer so zu „sechs bestens genutzten Monaten“ kämen, in denen sie „die Attraktivität des Arbeitgebers“ Bundeswehr erkennen könnten, sagte Guttenberg.

Ziel der von Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag vereinbarten Verkürzung ist, die Zahl der pro Jahr eingezogenen jungen Männer zu erhöhen – wobei die konkreten Berechnungen des Ministeriums gestern zunächst unklar blieben. Bislang wird ein zu geringer Teil der Jahrgänge einberufen, ein Zwangsdienst erscheint deshalb wenig legitim.

Guttenberg will seine Vorstellungen sehr bald mit den Bundestagsfraktionen erörtern. Ein Gesetz soll bis zur Sommerpause auf den Weg. Betroffen wären dann Zivildienstleistende ab dem 1. August, Wehrdienstleistende ab dem 1. Oktober.

Bundeswehrexperten verrieten große Skepsis zu diesen Plänen. Andreas Ahammer, ehemaliger Wehrdienstleistenden-Vertreter und jüngst mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr ausgezeichnet, sagte zur taz, es sehe aus, als wenn „nur der bisherige Gammeldienst nach der Grundausbildung von sechs auf drei Monate verkürzt wird. Das ergibt ohne Konzept keinen Sinn.“ Er habe Sorge, dass die Wehrdienstleistenden künftig noch stärker wie nutzlose „Stiefsöhne der Truppe“ behandelt würden.

Zuständig für den Entwurf des neuen Wehrdiensts war ursprünglich Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, der jedoch von Guttenberg wegen der Kundus-Affäre gefeuert wurde. Ahammer verwies darauf, dass die Inspekteure von Marine, Luftwaffe und Heer seither stark unterschiedliche Ansichten zum sechsmonatigen Wehrdienst entwickelt hätten.

Kaum hatte Guttenberg gesprochen, erklärte außerdem schon das für den Zivildienst zuständige Familienministerium unter Kristina Schröder (CDU), dass der Plan noch nicht abgestimmt sei. Die Sozialverbände, die Hauptarbeitgeber der rund 76.000 Zivis, reagierten kritisch. Das Deutsche Rote Kreuz hatte noch vor kurzem gefordert, die Verkürzung bis Ende 2012 zu verschieben, um Zeit für den Umbau der Strukturen zu bekommen. „Die Dienstpläne sind geschrieben, die Zivildienstleistenden eingeplant“, sagt DRK-Sprecherin Svenja Koch.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband drängt darauf, eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes gesetzlich vorzusehen. Die Zivis würden gebraucht, aber bei rund 2,5 Monaten Schulungs- und Urlaubszeit bleibe wenig übrig für die eigentliche Tätigkeit, sagte Thomas Niermann vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Union weiß man bereits hinter sich. Die FDP dagegen will, dass die jungen Männer einige Monate im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) in der Einsatzstelle bleiben können, wenn sie wollen. Zivis sind für Arbeitgeber günstiger als FSJler.