LESETIPP DER WOCHE
: DB verteilt Reclam-Hefte

Gratiszeitungen und -bücher für längere Fahrzeiten

Die Deutsche Bahn zeigt sich wieder einmal äußerst flexibel und fix. Anfang Juni wurden viele Regionen des Landes vom Hochwasser überschwemmt, auch Eisenbahnbrücken standen unter Wasser und mussten gesperrt werden. Jetzt, Ende Juli, macht die Bahn ein Angebot an Reisende, die aufgrund der Umleitungen längere Fahrzeiten von bis zu einer Stunde in Kauf nehmen müssen, so wie auf der Strecke Berlin–Hannover.

Um die Reisenden bei Laune zu halten, werden kostenlose Zeitschriften und – an „interessierte Reisende“ – Reclam-Bücher verteilt. Welche das sind, darüber machte die Bahn keine Angaben. Aber es ist ein Leichtes, in der umfassenden Reclam-Hefte-Sammlung, dem Markenzeichen des Verlags, geeigneten Stoff zu finden.

Da wäre zum Beispiel Band Nummer 6617 der Universal-Bibliothek, „Bahnwärter Thiel“. In der novellistischen Studie von Gerhart Hauptmann von 1888 wird ein Bahnwärter erst zum Mörder und dann wahnsinnig, nachdem sein geistig und körperlich zurückgebliebener Sohn unter einen Zug gerät und stirbt. Oder: Die Erzählung „Der Zug war pünktlich“ von Heinrich Böll, veröffentlicht 1949. Darin fährt ein Soldat 1943 zurück an die Ostfront, und eine Ahnung, die immer mehr Gewissheit wird, sagt ihm, dass er dem Tod entgegenfährt. Blutrünstig ist auch Band Nummer 17058: „Die Kreuzzüge“.

Nicht ganz so schwere Kost ist das Gedicht „Arm Kräutchen“ von Joachim Ringelnatz in dem Reclam-Buch „Gedichte“: Darin sieht ein zartes Sauerampferpflänzchen zwischen den „Bahngeleisen“ Zug um Zug hinterher. WAHN