Leere US-Drohung: Warum ein Ölboykott gegen Iran nichts bringt
: Der Ölhunger der Chinesen

So also sieht Machtlosigkeit aus: Die USA drohen mehr oder minder deutlich, dass sie Sanktionen gegen den Iran verhängen wollen, falls Teheran nicht auf seine Urananreicherung verzichtet. Doch die Ölspekulanten bleiben gelassen – obwohl der Iran doch einer der großen Ölexporteure ist. Niemand scheint einen weltweiten Boykott gegen Iran zu fürchten. Die Ölpreise liegen weiterhin bei 64 Dollar pro Barrel.

Dabei sind die Ölmärkte momentan sogar sehr angespannt: 2,2 Millionen Barrel Öl exportiert der Iran täglich. Sollten sie plötzlich ausfallen, könnten dies andere Exportländer nicht mehr kompensieren, denn weltweit wird bereits am Maximum gefördert. Vielleicht könnte die Opec noch 1,0 bis 1,5 Millionen Barrel zusätzlich liefern. Aber dieses Öl will niemand, weil es sehr schwefelhaltig und nur schwer zu verarbeiten ist.

Warum also herrscht solch eine Gelassenheit auf den Ölmärkten? Die Boykottdrohung der USA ist schon deswegen wirkungslos, weil sie Teheran längst boykottieren: Es gibt schon lange keine offiziellen Handelsbeziehungen mehr zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran.

Den weltweiten Handel stört das aber nicht weiter, denn das Ölgeschäft betreiben andere: zum Beispiel die Chinesen. Und Öl-Analysten wie Sandra Ebner von der Deka-Bank halten es für „ausgeschlossen“, dass China im UN-Sicherheitsrat einem Iran-Boykott zustimmen würde. Denn die chinesische Nachfrage nach Öl ist ungebrochen – allein im Januar schossen die Importe um 60 Prozent nach oben. Über die Jahre gerechnet hat der chinesische Ölverbrauch jährlich um zehn Prozent zugenommen. Diese Abhängigkeiten kennt auch der Iran. Entsprechend gelassen pokert er.

Das ist bitter für die USA und ihre Boykottpolitik: Außer manchen Spekulanten hat einfach niemand ein Interesse an abrupt steigenden Ölpreisen – noch nicht einmal die Opec-Länder. Denn je höher die Preise liegen, desto attraktiver werden die Konkurrenzangebote wie Wind- oder Solarenergie. Noch ärgerlicher für die Ölproduzenten: Die Kunden könnten ja auf den Gedanken verfallen, einfach Energie zu sparen, wenn sie zu teuer wird. Schon für das letzte Jahr weist die deutsche Steuerstatistik eine kleine Sensation aus: Die Benzinsteuer ging um 7,3 Prozent zurück, die Dieselsteuer um 4,5 Prozent. So enthaltsam waren die deutschen Autofahrer noch nie.

Die Globalisierung ist eben komplex. Je stärker sich Importe und Exporte verschränken, desto schwieriger wird ein Handelskrieg. Es nutzt nicht mehr viel, sich wie die USA für die einzige Supermacht zu halten. Das weiß nicht nur der Iran.

ULRIKE HERRMANN