BIGOTTE ORDNUNGSHÜTER
: Auf dem Boden

Zwei aufgeschriebene Autos, eine Zigarettenpause

Wer in Prenzlauer Berg spazieren geht, wird sehr wahrscheinlich die Wege mindestens eines Pärchens vom Ordnungsamt kreuzen. Die Zweierteams laufen nämlich seit Wochen in einer derartigen Personalstärke durch die Viertel des Bezirks, dass eigentlich längst Transparente aus jedem Fenster hängen müssten: „Nieder mit dem Polizeistaat!“ Tun sie aber nicht.

Dass dem Ordnungsamt mit der massiven Präsenz nicht primär daran gelegen ist, für Ordnung zu sorgen, weiß jeder Fahrradfahrer, der auf dem Bürgersteig hauchdünn an den Uniformierten vorbeirauscht, ohne ermahnt zu werden. Auch die Zigarettenhändler können ihrem Geschäft so offensichtlich wie unbehelligt nachgehen, freundlich grüßend.

Dem Ordnungsamt geht es – und um das zu erkennen, muss man kein Autofahrer sein – ums Verteilen von Knöllchen. Ausnahmslos. Autos ohne Parkschein sind Ziel des Kontrollwahns. Egal, mag sich manch Autoloser denken. Aber besorgt sein müssen alle: Was, wenn sich der Fokus der Behörde ändert?

Gruselig ist es schon jetzt, wenn sich die Kontrollettis an Straßenecken zusammenrotten, was dann wirkt wie bei „Matrix“, wo dieser böse Agent plötzlich überall auftaucht, wenn man ihn abgehängt zu haben glaubt.

Beobachter der Szenerie scherzen, bei den herumstreunenden Damen und Herren gelte ein fest geregelter Arbeitsablauf: zwei aufgeschriebene Autos, eine Zigarettenpause. Der Verkäufer vor seinem Imbiss weist mit einem leichten Nicken auf die nächste Straßenecke hin, wo ein Ordnungsamtsduo schweigend beim Quarzen verweilt. Die Zigaretten sind zu Stummeln verzogen. Keine fünf Meter von ihnen entfernt hängt ein Mülleimer mit Zigaretteneinwurf. Ein Zug noch. Dann landen die Filter auf dem Boden. Die Ordnungshüter machen sich auf den Weg, um wieder für Ordnung zu sorgen. TORSTEN LANDSBERG