Karrierist ohne Skrupel

BIG BOSS Gerhard Crommes Stern sinkt

KÖLN taz | Über Jahrzehnte galt Gerhard Cromme als einer der einflussreichsten Manager in der Bundesrepublik. Jetzt beginnt sein Stern zu sinken. Nach seinem unrühmlichen Abgang bei ThyssenKrupp, muss der 70-jährige Multiaufsichtsrat nun bei Siemens ums Überleben kämpfen. Der Berufsweg eines Karrieristen mit wenig Skrupeln neigt sich dem Ende entgegen.

Im März hatte der aus Vechta stammende Cromme seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp nach 12 Jahren räumen müssen. Da war der Sumpf aus Korruptionsaffären, Kartellvergehen und Milliardenverlusten sogar für die „größte Teflonpfanne der Republik“, wie ihn Aktionäre beschimpften, zu tief geworden.

Der 99-jährige Firmenpatriarch Berthold Beitz, als dessen Zögling Cromme lange galt, hatte genug von den schlechten Schlagzeilen. „In Verantwortung für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und Aktionäre“ wolle er „einen personellen Neuanfang ermöglichen“, begründete Cromme seinen Rücktritt. Eine solche Erklärung würden sich Aktionärsschützer jetzt auch für sein Engagement bei Siemens wünschen.

Doch noch klammert sich Cromme an den Aufsichtsratsvorsitz, der ihm im Jahr 2007 übertragen wurde. Ihm sind nicht mehr viele Mandate verblieben. Früher saß der „Veteran der Deutschland AG“ (Badische Zeitung) unter anderem auch noch in den Aufsichtsräten der Allianz, von E.ON, der Lufthansa, der BNP Paribas sowie der Volkswagen AG. Heute ist er außer bei Siemens noch in den Kontrollgremien der Axel Springer AG und der Compagnie de Saint-Gobain.

Bei der französischen Unternehmensgruppe startete der Harvard-Student 1971 seine berufliche Karriere. 1986 stieg er in den Krupp-Konzern ein, wo er sich einen zweifelhaften Namen als knallharter Sanierer machte. Mit seinen Plänen zur Schließung des traditionsreichen Krupp-Hüttenwerks in Duisburg-Rheinhausen löste er 1987 einen der härtesten Arbeitskämpfe in der Geschichte der BRD aus.

Heute ist das Image des promovierten Oberkontrolleurs mit der randlosen Brille und dem gewellten Haar durch das Missmanagement bei ThyssenKrupp und Siemens schwer angekratzt. Es dürfte Zeit für ihn sein, sich auf den Ruhestand vorzubereiten. PASCAL BEUCKER