Kunstverein:: Jonathan Monk: „yesterday today tomorrow etc.“
Das beseelte Schmunzeln will einfach nicht von den Lippen weichen. Zu komisch ist die erste deutsche Ausstellung des Oeuvres von Jonathan Monk, die all die Schelmenstreiche präsentiert, mit denen der allzu pralle Kunstballon der Moderne zum Platzen gebracht wird. Das bedeutungshubernde Kommentieren von Werken verflüchtigt sie so von selbst.
Anknüpfungspunkt für den 1969 in Leicester geborenen, heute in Berlin lebenden Briten ist die Konzeptkunst der 60er und 70er Jahre. Monk eignet sie sich im Zitat charmant belustigt an und definiert sie auf einer scheinbar privaten Ebene neu. Der Künstler schätzt den intelligenten Jux und inszeniert sich als Künstlerklischee: ein Leben voller Sex & Drugs & Fun & Rock‘n‘Roll.
Also zeichnet Monk eine Zigarette und einen Zigarettenstummel und notiert dazwischen „What happens between these two drawings“. Dann schluckt Monk Alkohol aus einem meterlangen Bierglas – achtlos abgeknipst von einem Freund wird daraus Monk‘sche Fotokunst: „Yard of Ale (Get Shirty)“ heißt die Aufnahme. Einige Pints später entsteht das nächste Foto. „Jonathan“ malt Monk mit Urin in Strandsand: „My name written in my piss“. Ein Witz? Oder sollte man behaupten, wie die Ausstellungsmacher im Kunstverein Hannover, dass Monk mit dieser gepinkelten „Selbstbehauptung“ das „Phantasma von hehrer auratischer Autorenschaft spöttisch zerpflückt“, als „Ausfluss eines pubertären Wett-Trink-Rituals ausweist“ und überhaupt einen „Affront gegen die Bedeutung der Signatur in der Kunst“ inszeniert habe?
Oder ist es tatsächlich einfach nur Rock‘n‘Roll? Wie die vier „Kiss alive“-Fotos, auf denen Monk mit der Horrocomic-Schminkmaskerade des Showrock-Quartetts Kiss posiert, so dass der Unterschied von Original und Fälschung nicht gleich wahrzunehmen ist. Wie immer bei der Annäherung an Monk: erst neugieriges Lächeln, dann kurze Irritation – und nach der Lektüre des Bildtitels helles Entzücken. Etwa wenn der Artist wie ein großes Kind auf einen Baum klettert und das Foto betitelt: „Me up a tree, similar to one painted by Piet Mondrian in about 1915“.
Monk wechselt mit Leichtigkeit das Medium seiner Werke und verhindert dadurch jegliche Kategorisierung. Da hat er seinen Marmorgrabstein in die Ausstellung gerückt: „A work in progress (to be completed when the time comes) 1969-(White)“. Auch malt Monk Last Minute-Pauschalreisetipps von den Anschlägen in Flughafenhallen ab – und verkauft seine Abbildungen zum Preis Reiseangebots. Zum Ausstellungsausklang ein 60-minütiger Film: in einer einzigen starren Einstellung sieht man, wie eine milchtrübe Tasse Tee langsam das Verdampfen verlernt. Titel: „The sublimation of desire (winter)“. Lustvoller können Ausstellungen kaum funktionieren. fis
Di–Sa 12–19, So 11–19 Uhr; bis 16. 4.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen