„Geboren mit einem Chip“

VORTRAG Ein Hormon-Spezialist informiert über ethische Fragen beim Neugeborenen-Screening

■ ist leitender Oberarzt an der Professor-Hess-Kinderklinik am Klinikum Bremen Mitte.

taz: Das Neugeborenen-Screening wird seit 1969 gemacht. Kann man heute mehr finden als damals?

Wolfgang Marg: Mittlerweile können auffällige Befunde festgestellt werden, von denen man noch nicht weiß, was sie bedeuten. Es könnte bei einer DNA-Untersuchung auch eine Krankheit entdeckt werden, die erst mit 50 ausbricht, beispielsweise ein erhöhtes Brustkrebsrisiko.

Was passiert beim Screening?

Bei allen Neugeborenen wird ein Blutstropfen untersucht. Dabei sucht man bestimmte Erkrankungen, die schon nachweisbar sind, aber noch nicht dazu geführt haben, dass das Kind tatsächlich krank ist.

Welche Krankheiten können Sie entdecken?

Zum Beispiel Unterfunktionen der Schilddrüse, Fehlfunktionen der Nebennierenrinde oder Stoffwechselstörungen.

Wenn etwas erkannt wird, das kaum behandelbar ist, wäre es dann nicht besser, die Eltern wüssten noch nichts davon?

Ja genau. Bisher dürfen nur Krankheiten mitgeteilt werden, die behandelbar sind. Befunde, die darüber hinaus ermittelt werden, muss das Labor verschweigen. Da kann dann gegebenenfalls bei Ausbruch der Krankheit nachgeschaut werden, ob da schon mal was war.Was für ethische Fragen werden zukünftig noch auftreten?

Es gibt ja schon die Möglichkeit die komplette DNA untersuchen zu lassen. Würde man das immer machen, dann kämen Kinder zukünftig wie mit einem Chip auf die Welt und bekommen direkt mitgeteilt, was im Laufe des Lebens alles auf sie zukommt.

Interview: KK

Vortrag „Neugeborenenscreening auf angeborene Erkrankungen“, 11 Uhr, Haus der Wissenschaft