Diplomatie aus dem Koffer

REISEN Außenminister Westerwelle, US-Senatoren und der frühere Präsident Malis vermitteln in Kairo

BERLIN taz | Die ägyptische Armeeführung sieht sich internationalem Druck ausgesetzt. Nach dem Besuch der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton wollte Bundesaußenminister Guido Westerwelle noch am Mittwoch nach Kairo reisen. Für kommende Woche kündigte US-Präsident Barack Obama die Entsendung von zwei einflussreichen Senatoren, Lindsay Graham und John McCain, in die ägyptische Hauptstadt an.

Die öffentlichen Botschaften gleichen sich. „Wir brauchen jetzt einen politischen Neuanfang, der die unterschiedlichen Kräfte wieder an einen Tisch bringt“, sagte Westerwelle gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Ähnlich hatte sich zuvor Ashton geäußert. Und wie diese betonte auch Obama die Notwendigkeit baldiger Neuwahlen. Ziel sei es, die Macht in Ägypten möglichst bald wieder einer „zivilen Kontrolle“ zu unterwerfen, sagte Senator Graham am Dienstag dem US-Fernsehsender CBS.

Gleichzeitig bekam Expräsident Mohammed Mursi am Mittwoch erneut Besuch. Nach Ashton am Montag wurde eine afrikanische Delegation unter Leitung des früheren malischen Präsidenten Alpha Oumar Konaré vorstellig. Offen blieb, ob auch Westerwelle Mursi sehen wird. Er bleibt bis Freitag in Kairo.

Vor dem Hintergrund dieser diplomatischen Reisetätigkeit ist es bemerkenswert, dass es in der Nacht zu Mittwoch bei einer weiteren Großdemonstration der Muslimbrüder nicht zum Ausbruch exzessiver Gewalt kam. Mit ihrem „Marsch der Millionen“ protestierten die Mursi-Unterstützer zudem gegen das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte, die bei Kundgebungen am Wochenende mindestens 80 Islamisten getötet hatten. Tausende Islamisten harrten weiter in ihren Protestcamps vor einer Moschee in der Vorstadt Nasr City sowie vor der Universität Kairo aus. Die Armee hatte angekündigt, diese Camps aufzulösen; ein entsprechendes Ultimatum war jedoch am vergangenen Samstag verstrichen.

Im Anti-Mursi-Lager entflammte unterdessen ein Streit zwischen der Tamarod-Bewegung, die die Demonstrationen im Juni auf dem Tahrirplatz organisiert hatte, und der Gruppe „Dritter Platz“, die sowohl Mursi als auch die Armee kritisiert. Der Sprecher von Tamarod, Hassan Shaheen, sagte der Zeitung Al-Masry Al-Youm, der „Dritte Platz“ sei ein Versuch, Ägypten und seine revolutionären Kräfte zu spalten. Er kritisierte vor allem die Verwendung des Wortes „Putsch“ für die Absetzung Mursis. B.S.