Schäuble will an Deutschkursen sparen

Bundesinnenminister will in diesem Jahr 68 Millionen Euro weniger für Sprachkurse für Migranten ausgeben. Angeblich sei die Nachfrage nicht groß genug. Migrationspolitiker weisen jedoch darauf hin, dass viele Ausländer keinen Kursplatz bekämen

von KERSTIN SPECKNER

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Etat für Sprach- und Integrationskurse für Migranten massiv reduzieren. Der Haushaltsplan des Innenministeriums sieht vor, in diesem Jahr nur noch 140 Millionen Euro statt wie im vergangenen Jahr 208 Millionen Euro für Integrationskurse an das zuständige Amt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg zu überweisen. Dieses Amt gibt das Geld an Veranstalter von Deutschkursen weiter.

Die geplanten Sparmaßnahmen widersprechen der Zielsetzung von Schwarz-Rot. Die Integration von Migranten ist angeblich eine Hauptaufgabe der Regierung. Im Koalitionsvertrag steht, eine gelungene Integration sei „von grundlegender Bedeutung für die innere Verfassung unserer Gesellschaft“.

Wie wichtig dafür Programme zum Spracherwerb sind, davon zeigte sich Schäuble nach außen hin erst kürzlich noch überzeugt. In einem Interview sagte er, deutsche Sprachkenntnisse zählten zu den „allerwichtigsten Schritten der Integration“. Die Regierung werde sich in diesem Bereich gehörig anstrengen. „Es gibt eine gesamtstaatliche Verantwortung, und die müssen wir wahrnehmen.“

Dass das Bundesinnenministerium genau an dieser Verantwortung 68 Millionen Euro spart, erklärt man dort mit einer mangelnden Nachfrage. Es sei gar nicht so viel Geld benötigt worden wie vorgesehen. Die bislang bereitgestellten Summen seien nicht vollständig verwendet worden. In diesem Jahr werde der Etat an die tatsächlichen Bedürfnisse angepasst. Jeder, der für einen Sprachkurs zugelassen sei, werde dort auch einen Platz bekommen, so eine Erklärung des Ministeriums.

Dieses Argument will SPD-Migrationsexpertin Lale Akgün nicht gelten lassen: „Der Bereich Integration wird derzeit umstrukturiert, da ist es normal, dass Gelder schleppend abgerufen werden“, sagte Akgün der taz. Das bedeute nicht zwangsläufig, dass diese nicht benötigt würden. „Für die Integration ist keinesfalls zu viel Geld da.“ Akgün setzt darauf, dass der Entwurf im Parlament nicht durchkommt. „In der Debatte wird sich zeigen, ob wir es uns leisten können, in so einem wichtigen gesellschaftlichen Bereich zu sparen.“

Auch die Opposition will Schäubles Pläne und deren Begründung nicht akzeptieren. Hakki Keskin von der Linkspartei sagte, wenn es weniger Geld für Sprachkurse gebe, würde dies die Integrationsprobleme in Deutschland verschärfen. Migrationspolitiker Josef Winkler (Grüne) erklärte, die Kurse würden sehr gut angenommen. Allerdings gebe es einen Rechtsanspruch auf die Sprachkurse nur für Neuzuwanderer. Diese hätten auch alle einen Kursplatz bekommen.

Auf der Strecke aber blieben Migranten, die schon länger hier wohnen, sagte die migrationspolitische Referentin der Grünen, Jutta Graf. Diese so genannten Bestandsausländer müssten auf die übrigen Kursplätze hoffen. 46.000 von ihnen gingen im vergangenen Jahr leer aus. Genau bei dieser Gruppe seien freiwillige Deutschkurse aber zu begrüßen, weil sie sich damit selbst für ihre Integration einsetzten, anstatt sich abzuschotten, sagte eine Sprecherin der taz.

Bundesausländerbeirat Mehmet Kilic sieht in den Kürzungen ein verheerendes Signal an die Migranten. „Das zeigt, dass es die Union nicht wirklich ernst meint.“ Integration koste eben Geld. Das müsse man dann auch investieren.

Mangelnde Integration von Jugendlichen kann, nach Schäubles eigenen Aussagen, in die Kriminalität führen. Der möchte Schäuble in Zukunft zumindest finanziell stärker entgegentreten. Der Etat der Bundespolizei soll um 55 Millionen Euro aufgestockt und 1.200 neue Stellen geschaffen werden.