Lima vor dem Austrocknen

RESSOURCEN Wegen des Klimawandels und der Gletscherschmelze wird das Wasser in Perus Hauptstadt langsam knapp. Nun soll ein geschlossener Wasserkreislauf helfen

Im Moment versickern etwa 40 Prozent des mühsam bereitgestellten Trinkwassers

AUS LIMA KNUT HENKEL

„Früher gab es hier in Huaycán kein fließendes Wasser. Da mussten wir es in Eimern oder in Fässern hier hochtransportieren“, sagt Juana Poker. Die alleinerziehende Mutter betreibt einen kleinen Supermarkt auf einem der Hügel des Armenviertels Huaycán am Rande der peruanischen Hauptstadt Lima. Hier, umgeben von graubeigen Sanddünen und Schotterhügeln, steht kein Baum und kein Strauch. Die Backsteinbaracken und Holzhäuser krallen sich förmlich in die staubigen Hügel, die durch eine Straße verbunden werden.

„Es war nicht einfach, in dem unwirtlichen Gelände die Leitungen zu verlegen“, erzählt Herber Casanova, leitender Ingenieur der städtischen Wasserbetriebe von Lima (Sedapal). Er hat das Wassersystem für die 35.000 Menschen von Huaycán mit den 14 Tanks und den Pumpstationen genauso geplant wie deren Anschluss an die Kanalisation Limas. „Das ist in dem hügeligen, sandigen Gelände deutlich teurer als in anderen Stadtteilen“, erklärt der Ingenieur.

Zu den Darlehensgebern des Projekts gehört auch die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus Deutschland. „Lima sitzt auf dem Trocken. Hier regnet es so gut wie nie, und deshalb sind Investitionen in einen geschlossenen Kreislauf und die Aufbereitung der Abwässer dringend notwendig“, sagt KfW-Büroleiter Gerhard Redecker.

Der Anschluss der letzten Stadtteile an das Leitungsnetz der Metropole und dessen Modernisierung sind wichtige Ansätze, um dem latenten Schwund im System zu begegnen. Rund 40 Prozent des bereitgestellten Wassers versickern derzeit im sandigen Boden Limas. Diese Quote soll bis 2021 auf das europäische Niveau von 10 bis 15 Prozent gesenkt werden. „Bis dahin wollen wir statt wie derzeit 15 Prozent 100 Prozent der Abwässer klären und einen geschlossenen Kreislauf aufgebaut haben“, skizziert der Sedapal-Vorstandsvorsitzende Eduardo Ismodes Cascón die Pläne seines Unternehmens.

Dazu gibt es keine Alternative, denn Lima muss sich auf eine Zukunft mit weniger Wasser einstellen. Der Klimawandel hat bereits dazu geführt, dass zwischen 20 und 30 Prozent der rund 600 Gletscher der Cordillera Blanca, die rund 450 Kilometer nördlich der Hauptstadt liegt, weggetaut sind. Das setzt die Regierung in Lima unter Druck, aktiv zu werden, und so wurden Fonds für die Neuausrichtung der städtischen Wasserver- und Abwasserentsorgung freigegeben. „Aus den laufenden Einnahmen können wir das nicht finanzieren, denn der Durchschnittspreis pro Kubikmeter Wasser von 2,6 Sol (umgerechnet rund 90 Eurocent) lässt das nicht zu“, kritisiert die Sedapal-Finanzverantwortliche Rossina Manche Mantero. Zwei Milliarden US-Dollar an Investitionen sehen die Sedapal-Pläne vor, um Lima auf trockenere Zeiten vorzubereiten.

Nachholbedarf gibt es jedoch nicht nur bei den Investitionen, sondern auch beim Wassersparen. „Bisher wird noch immer Trinkwasser für die Bewässerung von Parks und Grünstreifen verwandt“, kritisieren Umweltexperten wie Pedro Arrojo Agudo. Das soll sich ändern, und dazu will die Sedapal nun auch die ersten Informationsmaterialien für Schulen entwickeln, so Vorstandsvorsitzender Eduardo Ismodes Cascón. Ein überfälliger Schritt, denn die Verschwendung von Wasser ist in Lima allgegenwärtig. Ein Grund dafür, so moniert Ex-Umweltminister Antonio Brack Egg, ist der niedrige Bereitstellungspreis. An dem möchten die Bewohner von Huaycán jedoch nichts ändern. Sie wissen längst, wie knapp das Wasser ist.