Taxi für Snowden, bitte

FLÜCHTLING Der meistgesuchte Whistleblower hat in Russland Asyl erhalten und den Moskauer Flughafen verlassen. Wohin, ist unklar

BERLIN taz | Edward Snowden, der Ex-NSA-Mitarbeiter und Whistleblower, der seit 22. Juni im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo festsaß, hat am Donnerstag den Flughafen verlassen. Zuvor hatte Snowden von der russischen Migrationsbehörde ein auf ein Jahr befristetes Asyl erhalten. Das vorläufige Asyl gilt in Russland zwölf Monate und kann immer um weitere zwölf Monate verlängert werden.

Snowdens russischer Anwalt, Anatoli Kutscherena, überbrachte dem Flüchtling die begehrten Papiere. „Unser Dank gilt allen Menschen in Russland und denen, die mit zum Schutz von Snowden beigetragen haben“, zitiert das russische Internetportal Newsru.com die Enthüllungsplattforum Wikileaks. „Wir haben eine Schlacht gewonnen und nun den Krieg“, triumphiert Wikileaks. Unklar ist, ob Snowden allein in das Taxi gestiegen ist. Während Wikileaks berichtet, Snowden habe mit der Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison den Flughafen verlassen, war Snowden nach Angaben einer Flughafensprecherin allein in das Taxi gestiegen.

Wohin Snowdens Fahrt gehe, wolle und könne er nicht sagen, erklärte Snowdens Anwalt Kutscherena. Schließlich sei er einer der meistgesuchten Personen auf dem Planeten.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich Snowden nicht ein Zelt mit einem der in dieser Woche festgenommenen und zur Abschiebung vorgesehenen 3.000 Arbeitsmigranten aus Zentralasien wird teilen müssen.

Vor wenigen Tagen noch hatten die russischen Behörden ein offizielles Auslieferungsersuchen der USA abgelehnt. Nachdem nun die USA diesen Nervenkrieg verloren haben, werden die Amerikaner die Beziehungen nicht noch weiter belasten, glauben russische Experten. Wohl aber, so Alexei Muchin, werden sie in vertraulichen Gesprächen versuchen, die russischen Behörden Schritt für Schritt zu einer Auslieferung Snowdens zu bewegen.

Snowden hatte Ende Mai die USA in Richtung Hongkong verlassen, wollte von dort aus über Moskau nach Kuba weiterreisen. Nachdem die US-Behörden seinen Pass für ungültig erklärt hatten, steckte er am Flughafen fest. Am 12. Juli berichtete er, er wolle in Russland Asyl beantragen. Interessant wird, ob Snowden dauerhaft den Status eines Flüchtlings erhält. Hier ist Russland nicht so großzügig, wie es den Anschein hat. 2012 zählte das Land gerade einmal 826 anerkannte Flüchtlinge.

BERNHARD CLASEN