LESERINNENBRIEFE
: Spitzelei allüberall

GEHEIMDIENSTE Einst reimte Comic-Zeichner Gerhard Seyfried: „Der KOB ist dick und doof und schleicht durch unsan Hof.“ Wäre es doch nur der Kontaktbereichsbeamte, der in unserem Leben schnüffelt. Heute wird noch der letzte Winkel des Home-PC durchforscht

Groteske

■ betr.: „So groß ist der große Bruder“, taz.de vom 1. 8. 13

Die Herren Überwacher werden nicht nur durch Speicherkapazitäten limitiert, sie würden auch stets neues Personal anheuern müssen, wenn die Flut der zu überwachenden Datensätze zunehmen würde. Wir sollten also beginnen, in jede Mail, jede SMS etc. Schlagworte wie 9/11, Islam, RAF oder Terror einzubauen – je mehr Bürger mitmachen, desto näher kommen wir der Vollbeschäftigung – the golden age of grotesque. DER STUPFEL, taz.de

Häscher

■ betr.: „Snowden betritt russischen Boden“, taz.de vom 1. 8. 13

In die USA entführt zu werden und das mit Putins stiller Hilfe, ist ab jetzt das wahrscheinlichste Szenario, was Snowden und der Welt geboten werden könnte. Ich hoffe, er hat vertrauenswürdige Freunde und keinen Judas unter ihnen. Ich denke, für genug Sicherheitskopien hat er schon gesorgt. Haben ihn die amerikanischen Häscher erst, ist er schnell abgeurteilt und vergessen, denn viele lieben den Verrat, doch keiner liebt den Verräter. ANOMALIE, taz.de

Cyberweltkrieg

■ betr.: „Snowden betritt russischen Boden“, taz.de vom 1. 8. 13

NSA-Chef Alexander hält eine Rede vor einem Hackerkongress mit 7.000 Teilnehmern. Wer hat sich denn diese Sprachregelung ausgedacht? Was sucht ein Geheimdienstchef auf einem Hackerkongress. Mitarbeiter werben? Reichen 800.000 nicht? Nein, ich glaube vielmehr, dass das eine Versammlung der höheren Mitarbeiter jener 800.000 Mitarbeiter waren. Wahrscheinlich war der Kontext der Rede, eure Arbeitsplätze sind sicher. Wie sind die eigentlich organisiert? Wahrscheinlich haben Geheimdienste keine (geheimen) Gewerkschaften. Beamte sind das auch nicht. Werden die nach Hartz-IV-Modell bezahlt, also Miete plus Krankenversicherung plus 400 Dollar? Haben die befristete oder unbefristete Arbeitsplätze? Arbeiten die alle freiwillig für den Geheimdienst, oder muss man sich das wie bei Matrix vorstellen? Im Cyberweltkrieg zwangsrekrutiert? Ist das Konzept vielleicht, was dahintersteht, alle Computerfreaks staatlich zu beschäftigen, damit sie keinen Unsinn anstellen? Was ist in 5 Jahren wenn’s 5 Millionen Computerfreaks sind? Fragen über Fragen. Um die Antworten muss man sich nicht sorgen, ist ja alles geheim. HADY KHALIL, taz.de

Cesar’s Palace

■ betr.: „Gegen XKeyscore ist Prism harmlos“, taz.de vom 1. 8. 13

Spionagegeneral Keith B. Alexander behauptet auch noch frech in der Öffentlichkeit: „We stand for freedom“ (Video Guardian). Dann wäre es schon ehrlicher gewesen zu sagen: „We stand for our freedom.“ Das könnte auch jeder Gangster von seiner Gang sagen. Deshalb kann man es faktisch nur so ausdrücken: „We stand for absolute virtual dictatorship in the world and first strike cyber attacks against any targeted nation.“ Ein heißes „Neuland“, das die Merkel da bemäntelt. Vielleicht sollten wir Obama einen schöneren Vornamen geben: Cäsar statt Barack. Und das Präsidentenbüro heißt dann Cesar’s Palace. Wie die einarmigen Münzspielhöllen, in denen du garantiert verlierst.

WEIER TÄPPER, taz.de

Schützt uns!

■ betr.: „Gegen XKeyscore ist Prism harmlos“, taz.de vom 1. 8. 13

Ich finde es gar nicht so verwerflich, dass die Amerikaner alles abgreifen, was geht. Es nennt sich nicht umsonst Spionage. Was die eigenen Bürger angeht, sollte diese eingeschränkt sein, aber das ist ein amerikanisches Problem. Aber die deutsche Regierung und vor allem ihre Nachrichtendienste haben die Pflicht, die deutsche Bevölkerung eben vor dieser Spionage zu schützen. Es ist ja nicht so, dass sie inkompetent wären, sondern sie unterlaufen die eigenen Beschränkungen, indem sie die Spionageergebnisse der Amis mit nutzen. Und natürlich tun sie nicht einmal so, als ob sie versuchen würden, die Amis zu behindern. Das ist der Skandal. MARCUS, taz.de

Generation Obama

■ betr.: „Alibijustiz für den guten Ruf“, taz.de vom 31. 7. 13

Die Strafe für Bradley Manning ist schon jetzt höher als für die Nuklearbombenverräter. Wo ist hier die Verhältnismäßigkeit? Das Saubermannimage Obamas soll um jeden Preis gewahrt werden, und wenn es die Korrumpierung der Gewaltenteilung bedeutet. Die Generation Clinton: zahlreiche ungeklärte Morde in seinem Umfeld, Raketenbeschuss einer illegalen Medikamentenproduktionsstätte in Afrika, massiver Ausbau von Hedgefonds, Hochfrequenzhandel, CDOs, Sandy Powells Act. Die Generation Bush: gefälschte Beweise für Irakkrieg, Guantánamo, Abu Ghraib, Billionenschulden, fehlende Bankenaufsicht bei Immobilienspekulationen, ausbleibendes Bankenabwicklungsmanagement im Fall Lehman Brothers. Die Generation Obama: supergewaltige Schuldenaufnahme, Drohnentötung vor juristischer Strafermittlung und juristischer Zusammenarbeit mit Pakistan; das, was die Technik zusätzlich leisten kann, verkümmert an sozialer Kompetenz, Militärgerichte mit korrumpierter Beförderungspraxis.

Obama gibt selbst den bedenklichen Zustand des US-Militärs zu! Das Leistungsprinzip, Vertrauensprinzip, Integritätsprinzip, Akzeptanzprinzip zur Beförderung wird ersetzt durch Willfährigkeit und Proporz! So zerstört sich eine Nation von innen heraus. McNotMara, taz.de

Bürgerverrat

■ betr.: „Neues aus Neuland“, taz vom 2. 8. 13

Hier passt ein leicht umgewandelter Satz von Konrad Adenauer. „Wir stehen vor einem Abgrund von ‚Bürgerverrat‘.“ Die Verräter sind leicht auszumachen; es sind diejenigen, die nach dem Grundgesetz uns in unseren Rechten schützen sollten, also die Mitglieder des Deutschen Bundestages, fraktionsübergreifend. Nicht ohne Ironie ist die Tatsache, dass Snowden nun Asyl in Russland erhalten hat, einem Land, das vom lupenreinen Demokraten Putin (Exkanzler Schröder) regiert wird. Ich hoffe, dass für Snowden Ende des Jahres mindestens ein „Sonderbambi“ abfällt, nachdem Wichtelminister wie Innenminister Friedrich die Causa Snowden mit unerträglich bürokratischer und menschenverachtender Arroganz behandelt hat.

Was Mut macht: Nun hinterfragen auch amerikanische Abgeordnete diese weltumspannnde Abhörpraxis.

UDO KOLLENBERG, Meckenheim

Lie to me

■ betr.: „Fernsehen bildet“, taz.de vom 28. 7. 13

„CSI“, „NCIS“, „Numbers“, „Lie to me“. In Deutschland der „Tatort“, „Alarm für Cobra 11“ und „K 11“. Ich könnte noch ein paar Dutzend Serien aus den letzten 10 Jahren präsentieren, die alle Ermittler zeigen, welche im Zweifel jedwede Regel brechen, zu Gewalt greifen, Verdächtige verprügeln und illegal Beweise beschaffen, um „die Bösen“ zu fassen. Ein, zwei Sonderserien, die das Ganze etwas kritischer sehen, muss man da schon suchen. Insbesondere weil auch hier in Deutschland die Mehrheit der Bürger immer noch glaubt, was Friedrich ihnen erzählt, und dass sie ja sowieso nie betroffen sind. Somaro, taz.de