DER ZEITPUNKT
: 01. 09. 2013

Vietnam verbietet die Verbreitung von Informationen im Internet

Schon heute sind in Vietnam nach China die weltweit meisten Blogger inhaftiert. Zurzeit kämpft die Organisation Reporter ohne Grenzen mit einer Petition für die Freilassung von 35 Internetaktivisten. In der ersten Jahreshälfte wurden schon mehr Blogger inhaftiert als 2012. In Vietnam sind alle Medien staatlich und unterliegen strenger Zensur. Im Index der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt das Land auf Rang 172 von 179 Staaten.

Von 90 Millionen Einwohnern hat ein Drittel Zugang zum Internet. Dieses wurde in Vietnam bisher weniger kontrolliert als in China und war mangels einer effektiven Firewall nicht stark gegen Einflüsse von außen abgeschirmt. Facebook, Twitter und Co sind wichtige Foren der politischen Diskussion. Doch damit soll ab 1. September Schluss sein: Dann dürfen nach dem in dieser Woche veröffentlichten Dekret Nr. 72 in sozialen Netzwerken keine Informationen mehr aus dem Internet verbreitet werden, sondern nur noch noch Persönliches. „Informationen aus Presseorganen oder von Regierungswebseiten dürfen nicht zitiert, gesammelt oder zusammengefasst werden“, erklärte das Informationsministerium. Auch generelle Informationen dürften Nutzer nicht mehr verbreiten. Ebenso wird ausländischen Anbietern verboten, Informationen zu verbreiten, die die nationale Sicherheit oder soziale Ordnung gefährden.

Das Dekret löste in den sozialen Netzwerken einen Sturm der Entrüstung aus. Der Vizeinformationsminister argumentierte, das Dekret solle die Verbreitung „falscher Nachrichten“ verhindern – ähnlich absurd, wie bisher viele Blogger unter dem Vorwurf des „Missbrauchs demokratischer Freiheiten“ verurteilt wurden. Es geht der alleinherrschenden Kommunistischen Partei schlicht darum, ihr Meinungs- und Informationsmonopol zu stärken.

SVEN HANSEN