die taz vor zehn jahren über die iran-hysterie in den usa
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Die US-Administration braucht eine Adresse, der das eventuelle Scheitern des Nahost-Friedensprozesses angelastet werden kann. Die ist auch schon gefunden: Palestine Avenue, Teheran, Amtssitz von Irans Präsident Haschemi Rafsandschani. Washington kam gerade recht, daß der alte Erzfeind sich immer wieder zu ebenso zynischen wie politisch dummen Sprüchen hinreißen läßt, etwa die Hamas- Bombenanschläge oder den Mord an Israels Ex-Premier Rabin als „göttliche Vergeltung“ begrüßte. So schlimm diese moralische Rechtfertigung des Terrors ist, sie beweist noch lange nicht, daß Teheran direkt an den Attentaten beteiligt ist. Trotzdem steht der Iran weiter auf der schwarzen Liste der Terrorhelfer. Zudem will die CIA herausgefunden haben, daß China Giftgasfabriken an den Iran geliefert habe.

Dabei wäre es wichtig, Tatsachen von Behauptungen zu scheiden. Zwar ist der Iran nicht gerade ein Musterland für Menschen- und Bürgerrechte – aber das steht hier nicht zur Debatte. Die Büros der Hamas-Falken jedenfalls befinden sich nicht in Teheran, sondern in Damaskus und Amman. Mit den Regierungen dort aber wollen die USA kooperieren, nicht so mit dem Iran.

Wichtig wäre zweierlei. Erstens müßten die USA wie die Europäer den Sicherheitsbegriff auf die Palästinenser erweitern. Von Investitionen, die deren Lage verbessern könnten, wurde bisher fast nur geredet. Soziale Marginalisierung aber bereitet Terroristen den Nährboden. Zweitens müßte Washington auf seine Eigenverantwortung für den Nahost-Terror hingewiesen werden. Immerhin finanziert sein Hauptverbündeter Saudi-Arabien das ganze Spektrum islamistischer Bewegungen. Aber die Herren von Mekka und Medina hüten eben nicht nur die Heiligtümer des Islam, sondern vor allem die der westlichen Konsumwelt: die Ölquellen. Thomas Ruttig, 11. 3. 1996