Die Orientierungslosen der Liga

Arminia Bielefeld feiert einen 1:0-Heimerfolg gegen wettersensible Leverkusener. Während sich die Ostwestfalen im Liga-Mittelmaß wohlfühlen, gerät eine frühere Ligapartie beider Teams ins Zwielicht

Leverkusener Selbstkritik auf der Alm: „Das sollte uns zu denken geben“

AUS BIELEFELDANDREAS BEUNE

Stimmungsaufheller des Tages war ein junger Arminia-Anhänger, der vor dem Presseraum wartete „Kopf hoch, Herr Skibbe, es geht schon wieder bergauf!“. Der Junge hatte im Anschluss an Bayers trostlose 0:1-Niederlage in Bielefeld mitverfolgt, wie der errötete Leverkusener Trainer scheinbar zutiefst verbittert den Journalisten sein Leid klagte. Eine kurz geöffnete Tür nutzte der Kleine für seinen Zwischenruf, für den sich Herr Skibbe auch artig bedankte.

Was der Fan nicht wissen konnte: Michael Skibbe hatte keinesfalls den Verzweifelten gemimt. „Die Niederlage hat nicht an unserem Auftreten gelegen“, hatte er zum Beispiel gesagt oder: „Das Spiel war nach Arminias früher Führung bereits entschieden. Bei den Platzverhältnissen war es dann sehr schwer, gegen einen defensiv starken Gegner zu spielen“. Andere Leverkusener waren selbstkritischer angesichts von nur anderthalb Torchancen. „Das sollte uns zu denken geben“, sagte Abwehrspieler Jens Nowotny.

Dass die Leverkusener so ideen- und chancenlos zu Werke gingen, lag nicht zuletzt an Arminia. Bielefeld fällt in dieser Saison nicht unbedingt als Ausrichter großer Fußballfeste auf, dafür hat sich das Team zu einem der effektivsten Spielverderber der Liga gemausert. Geht das Team in Führung, versperrt es dem Gegner umgehend die Räume und gestattet ihm nur wenig Torchancen. „Wir können zu Hause jede Elf schlagen“, sagte Heimtrainer Thomas von Heesen.

Nach dem Spiel halten sich sowohl Leverkusen als auch Bielefeld in der Bundesliga-Zwischenwelt auf. Die Rheinländer dürfen trotz etlicher Aussetzer in der Saison weiter auf den UEFA-Pokal hoffen, weil das Mittelmaß der Liga so mittelmäßig wie seit vielen Jahren nicht mehr ist. Platz 6 und 11 trennen nur drei Punkte. Elfter sind eben jene Bielefelder, die mit 30 Zählern die Orientierungslosen der Liga darstellen – einerseits lediglich fünf Punkte Rückstand auf die UEFA-Pokal-Ränge, andererseits weiterhin nur sechs Punkte Vorsprung vor den Abstiegsplätzen und das Wissen um das launische Potenzial der Mannschaft, die auswärts zuletzt arg enttäuschte. Dennoch: Das Punktepolster und der Traum vom DFB-Pokalfinale sind alles andere als schlechte Aussichten für eine Elf, die vor der Saison nur in der Rubrik „Kommender Zweitligist“ auftauchte.

Mit übermäßigem Zuspruch belohnt wird das Team aber nicht. Nur knapp 19.000 Fans besuchten am Samstag die schneeumwehte SchücoArena (früher: Alm). Nach den bisherigen Auftritten hat diese Mannschaft mehr Augenzeugen verdient – besonders Torschütze Dalovic. Der 22-jährige Stürmer war für die verletzten Boakye und Wichniarek in die Elf gerückt und erzielte seinen zweiten Ligatreffer.

Die größeren Schlagzeilen machte am Wochenende aber ein Ex-Bielefelder und ein vergangenes Spiel Arminia gegen Bayer 04. Der Spiegel berichtete vorab, die Bielefelder Kriminalpolizei ermittele im Zuge der Reiner-Calmund-Affäre (taz berichtete) seit Anfang des Jahres auch gegen den früheren Arminia-Profi Ansgar Brinkmann (heute Preußen Münster) wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Die Fahnder untersuchten, ob Brinkmann Geld dafür erhalten habe, dass er im Bundesligaspiel gegen die damals vom Abstieg bedrohten Leverkusener am 4. Mai 2003 des Feldes verwiesen wurde und damit die 1:3-Niederlage begünstigt habe.

Der Bielefelder Chefermittler Karl-Heinz Wallmeier wollte dies bereits Mitte vergangener Woche nach ersten Veröffentlichungen zu angeblichen Schmiergeldzahlungen nicht bestätigen. Brinkmann-Anwalt Mario Ermisch sagte gestern über den Ermittler zu Bild: „Er hat mir gesagt, dass es weder eine Ermittlung noch einen Anfangsverdacht gegen Herrn Brinkmann gegeben hat.“