INES POHL ZUM VERKAUF DER „WASHINGTON POST“ AN AMAZON-GRÜNDER: Eine neue Ära
Die Washington Post ist nicht länger im Besitz der Gründerfamilie Graham, sondern wird an den Amazon-Gründer Jeff Bezos verkauft. Ein weiterer Beleg dafür, dass die klassischen Geschäftsmodelle von Zeitungen an ihr Ende kommen. Selbst wenn sie, wie im Falle der Post, über lukrative Nebengeschäfte verfügen und die Besitzer ihre Verantwortung als Verleger wahrnehmen – bevor sie ans Geldverdienen denken.
Der Verkauf erschüttert auch, weil damit nur noch die New York Times übrig bleibt als amerikanisches Qualitätsblatt. Aber auch hier mehren sich die Gerüchte, dass die Familie Sulzberger einen Verkauf erwägt. Was bedeutet das für ein Land, das von einem Präsidenten regiert wird, der weniger Pressekonferenzen gibt als George W. Bush? Und stattdessen Twitter und andere digitale Kanäle nutzt, um seine politischen Botschaften in die Welt zu senden, ohne sich dabei kritischen Nachfragen von JournalistInnen stellen zu müssen? Nichts Gutes. Zumal dort Menschen, die auf staatliche Verbrechen hinweisen, mit der Todesstrafe rechnen müssen.
Die USA laufen Gefahr, die vierte Gewalt zu verlieren, die die Machenschaften der herrschenden Klasse kritisch begleitet und Geld investiert hat, um Menschenrechtsverletzungen oder Gesetzesbrüche aufzudecken.
Die gute Nachricht ist, dass mit Jeff Bezos kein börsenorientiertes Unternehmen den Zeitungstitel gekauft hat, sondern ein Mann mit einem Sinn für technische Innovationen. Es war das Lesegerät Kindle, das den Erfolg von Amazon ausbaute. So besteht die Hoffnung, dass Bezos digitale Antworten findet, die nicht die Abschaffung des Qualitätsjournalismus bedeuten. Dass dabei auch Apple neue Konkurrenz bekommt, könnte ein positiver Nebeneffekt sein. So wird dieser Montag zwar der Tag gewesen sein, an dem der klassische Weg der Washington Post zu Ende geht, aber auch ein Tag, an dem Graham eine mutige Entscheidung getroffen hat.
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