Vor Ort
: Gesa Schölgens über hartnäckige Schrott-Feinde in Dortmund-Deusen

Vor einigen Jahren sollten im Dortmunder Hardenberg-Hafen noch prächtige Yachten vor Anker gehen. Soweit die Pläne der Stadt. Doch statt schnellen Sportbooten gibt es dort heute nur einen Schrottplatz.

Seit einem Jahr verarbeitet und lagert die „Rohstoff-Recycling Dortmund GmbH“ (RRD) auf dem Gelände tonnenschwere Metallteile. Besonders große Stücke werden unterirdisch in einer Art Bunker gesprengt. Und das ärgert die Menschen im Stadtteil Deusen – und drum herum.

Seit es den Schrottplatz gibt, ist der Garten von Paul Richter voller Metall- und Roststaub. Der Anwohner selbst fürchtet um seine Gesundheit: „Ich bin Asthmatiker.“ Ihn ärgert besonders ein Gutachten des Landesumweltamtes Essen. „Da drin hieß es, ich hätte Rotalgen im Garten“, empört sich Richter. Nicht nur der Schmutz, auch der Lärm durch die Sprengungen mache den Nachbarn zu schaffen, die nur wenige hundert Meter vom Schrottplatz entfernt wohnen. „Es gibt auch sehr viel LKW-Verkehr.“ Eigentlich sollte die Hälfte des Metallmülls per Schiff transportiert werden. „Aber ich würde sagen, das geht zu 85 Prozent per LKW.“ Viele Anwohner fürchten noch immer einen Bruch des maroden Deichs oder des Kanals am Hafen, etwa wenn ein Transport-Schiff zu fest anstößt. „Dann geht Deusen unter“, so Richter. Er ist stellvertretender Vorsitzender der „Interessengemeinschaft Deusen/Lindenhorst und Umgebung“, die sich von Anfang an gegen den Schrottplatz wehrte.

Trotz der Beschwerden sieht sich die RRD im Recht. Denn die Anwohner hätten mit Industrieansiedlung rechnen müssen, als sie in den Dortmunder Norden zogen. „Der Norden war schon immer Industriegebiet“, so Frank Düssler, Geschäftsführer der RRD. Außerdem konnten sie dafür die Häuser und Wohnungen günstiger kaufen. Dreimal täglich werden 40 bis 50 Tonnen Metallteile gesprengt. „Aber nur von 7 bis 20 Uhr.“ Die Erschütterungen seien kaum spürbar, auch die Lärm- und Luft-Immissionen würden eingehalten. „Es gab ja die Befürchtung, dass die Teller aus dem Schrank fallen. Dem ist aber nicht so“, sagt der Geschäftsführer. Noch immer reagierten die Menschen „sehr emotional“ und teilweise überzogen auf den Schrottplatz, so Düssler.

In Deusen und Umgebung gehen derweil die Proteste gegen den Sprengbunker weiter. Aber die Interessengemeinschaft scheiterte mit ihrer Beschwerde in zweiter Instanz, vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. „Wir hätten laut Gericht innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe des Bauvorhabens ein Gutachten dagegen einreichen müssen“, sagt Paul Richter. Diese Begründung sei jedoch fadenscheinig. „Am Anfang war ja nur ein kleiner Schrottlagerplatz geplant. Damals konnten wir noch nicht wissen, was folgt.“ Nun wolle man eine Verfassungsklage einlegen, weil die Anwohner in ihren Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit verletzt würden. Momentan herrscht ohnehin Ruhe. „Der Bunker wurde im Februar bei einer heftigen Sprengung teilzerstört. Seit 14 Tagen läuft nichts mehr“, freut sich Richter. Er hofft, dass das so bleibt.