Die Rechte hat bei der Parlamentswahl in Kolumbien klar gewonnen
: Ausdruck der Hoffnungslosigkeit

Kolumbien hat gewählt – so würde normalerweise ein Bericht über die Parlamentswahlen in dem vom Krieg zerrissenen lateinamerikanischen Land anfangen. Doch angesichts einer Wahlbeteiligung von nicht einmal 40 Prozent ist weder so ein Satz noch der deutliche Sieg der konservativen Parteienkoalition des Präsidenten Álvaro Uribe sehr viel wert. Sicher, getrost kann Uribe davon ausgehen, dass mit diesem Wahlergebnis seine Wiederwahl Ende Mai gesichert sein dürfte. Doch die Versicherungen, trotz der Boykottaufrufe der Farc-Guerilla seien die Wahlen im ganzen Land problemlos verlaufen, klingen schal angesichts der politischen Abstinenz von über 60 Prozent aller Wähler.

Trotzdem bedeutet der Wahlsieg einen Triumph der Rechten und der Paramilitärs, mit denen sie nach wie vor eng verbandelt ist. Die haben mit dem Abrüstungsabkommen im letzten Jahr großzügige Amnestie für jahrelanges Morden zugesichert bekommen, agieren in einigen Provinzen brutal wie eh und wissen jetzt eine absolute Mehrheit ihrer politischen Freunde im Parlament hinter sich.

Die Farc, die schon vor Wochen erklärt hatte, mit diesem Präsidenten werde es schwerlich zu Friedensverhandlungen kommen, wird sich jetzt weniger denn je genötigt sehen, von ihrer durch Entführungen und inzwischen recht wahllose Anschläge dokumentierten Position abzurücken.

Manchmal sind demokratische Wahlen Ausdruck der Hoffnungslosigkeit. Das, so scheint es, ist nach diesem Wahlsonntag in Kolumbien mehr denn je der Fall. Anders als in anderen lateinamerikanischen Ländern hat der Bürgerkrieg über Jahrzehnte die Herausbildung der Zivilgesellschaft und neuer sozialer Bewegungen verhindert.

Immer wieder geraten zivile Organisationen zwischen die Fronten und werden von beiden Seiten bedroht. Es wäre auch eine Sache des Auslands, Kolumbien aus dieser ausweglosen Situation zu helfen. Die einseitig aufs Militärische ausgerichtete Unterstützung der USA und die zu erwartenden Folgen des bevorstehenden Freihandelsabkommens zwischen Washington und Bogotá machen diesen Weg nur noch schwerer. BERND PICKERT