Oettinger will Energie sparen

EFFIZIENZ Die EU ist von ihrem selbst gesteckten Energieziel noch meilenweit entfernt

EU-Energiekommissar Oettinger lässt auch rechtliche Möglichkeiten, zum Beispiel zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung prüfen

AUS BRÜSSEL STEPHAN KOSCH

Wenn die Staaten der Europäischen Union nicht bald weniger Energie verbrauchen, werden sie ihr selbst gestecktes Ziel verfehlen. Eigentlich will die EU ihre Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent steigern, doch mit den bisher umgesetzten Maßnahmen werde diese Marke nur gut zur Hälfte erreicht, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Dienstag in Brüssel. Deshalb lässt Oettinger derzeit von seinen Experten einen neuen politischen Rahmen für mehr Energieeffizienz erarbeiten. Dabei würden Steuersysteme ebenso eine Rolle spielen wie die Förderung sparsamer Elektrogeräte: Auch rechtliche Möglichkeiten, zum Beispiel zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, würden geprüft.

Viel konkreter wurde Oettinger aber zum Auftakt der EU-weiten „nachhaltigen Energiewoche“ aber nicht. Was Umwelt-und Klimaschützer im Publikum enttäuschte, traf auf das Wohlwollen des EU-Parlamentariers Herbert Reul, der dort dem Industrie- und Energieausschuss vorsitzt: Denn es seien bereits viele EU-Richtlinien für einen sparsameren Umgang mit Energie und für eine klimafreundlichere Stromerzeugung erlassen worden. Die entscheidende Frage sei doch aber, was davon in den Mitgliedstaaten umgesetzt werde. In der Tat hatten auch die deutschen Bundesminister Brüderle und Röttgen erst am Montag verkündet, eine Kompromisslinie für ein deutsches Energiespargesetz gefunden zu haben. Dieses würde dann endlich irgendwann die entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 in nationales Recht umwandeln und wäre schon vor Verabschiedung wieder veraltet – wenn Oettingers Experten ein neues Energiesparkonzept vorlegen.

Die Verbesserung der Energieeffizienz ist Teil des EU-Klimaschutzziels, nach dem die EU 2020 20 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen will. Ivo de Boer, scheidender Chef des UN-Klimasekretariats in Bonn, bezeichnete dieses Ziel aber als nicht sehr ambitioniert. Es sei zu relativ geringen Kosten zu erreichen. Würde die EU um 30 Prozent reduzieren wollen, so wie sie es für den Fall eines neuen Klimaabkommens in Aussicht gestellt hatte, wäre das ein „signifikantes Ziel“. Solche deutlichen Reduktionszusagen der Industriestaaten könnten ein wichtiger Schritt sein, das in Kopenhagen verletzte Vertrauen zwischen den Staaten auf den kommenden Klimakonferenzen wiederherzustellen, sagte de Boer. Dazu müssten aber auch die Entwicklungsländer ein entsprechend starkes Engagement zeigen, und die zugesagten Finanzhilfen für die Entwicklungsländer müssten bald fließen.

De Boer räumte ein, nach der Konferenz in Kopenhagen sehr deprimiert gewesen zu sein. Mittlerweile sehe er in dem Ergebnis aber einen „signifikanten Trend“ für den Klimaschutz: Schließlich hätten mittlerweile 109 Länder dem Kopenhagen-Akkord zugestimmt, 42 Industrieländer hätten sich zu Reduktionszielen verpflichtet; 32 Entwicklungsländer einen Aktionsplan verabschiedet. Noch in diesem Jahr könne die Architektur für ein neues Klimaabkommen gefunden werden.