Keine Hektik nach Mollaths Entlassung

REFORM Der Bundestag wird erst nach der Wahl im September über striktere Kriterien zur Einweisung in die Psychiatrie beraten. Die Opposition in Bayern attackiert derweil erneut Justizministerin Merk (CSU)

BERLIN/NÜRNBERG dpa/afp | Trotz des Falls Gustl Mollath werden die Gesetze zur Einweisung in die Psychiatrie wohl nicht kurzfristig reformiert. Auf die Frage, ob sich der Bundestag bei den beiden Sondersitzungen Anfang September noch mit der angepeilten Reform befassen werde, sagte ein Sprecher des Justizministeriums am Mittwoch in Berlin: „Ich denke, eher nicht.“

Vor wenigen Wochen waren erste Eckpunkte bekannt geworden. Danach will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Möglichkeiten einschränken, Straftäter in die Psychiatrie einzuweisen. Derartige Entscheidungen sollen häufiger überprüft und auf gravierende Fälle beschränkt werden.

Der 56-jährige Mollath war am Dienstag sieben Jahre nach seiner umstrittenen Zwangseinweisung aus der Psychiatrie entlassen worden. Auslöser waren Zweifel an einem für die Unterbringung mit entscheidenden Attest.

Mollath, der am Dienstag die Psychiatrie mit nicht viel mehr als einer selbst gezüchteten Pflanze verließ, ist vorerst bei einem Schulfreund im Raum Nürnberg untergekommen. Über den genauen Aufenthaltsort wollten Mitglieder von Mollaths Unterstützerkreis zunächst keine Angaben machen. „Gustl Mollath will erst einmal Ruhe vor den Medien haben“, sagte Gerhard Dörner, einer von Mollaths engsten Freunden. Erst in den nächsten Tagen wolle er den Kontakt zur Öffentlichkeit suchen.

Die Opposition in Bayern griff Justizministerin Beate Merk (CSU) wegen des Fall Mollath erneut scharf an. Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Christian Ude, sagte, Merk sei zwar als Politikerin nicht für Fehlentscheidungen der Justiz verantwortlich. Sie sei aber instinktlos mit dem Thema und taktlos mit dem Opfer umgegangen. Ude bezeichnete Merk als Belastung für die Staatsregierung. „Sie hat Anlass gegeben, Zweifel an ihrer Kompetenz im Umgang mit so schwierigen Fällen zu zeigen, und deswegen meine ich, dass sie zur Belastung dieser Staatsregierung geworden ist.“

Merk verteidigte erneut ihr spätes Handeln. Sie habe erst aktiv werden und ein neues Verfahren fordern können, als es einen tatsächlichen Wiederaufnahmegrund gegeben habe, sagte sie am Mittwoch. Das sei erst im November vergangenen Jahres der Fall gewesen – bis dahin habe sie das rechtskräftige Urteil akzeptieren müssen. „Ich habe die Möglichkeiten genutzt, die ich hatte.“