Wildtiere im Big-Brother-Reservat

NATUR ERLEBEN Auf Gut Sunder im Landkreis Celle können BesucherInnen Wildtiere in der freien Natur beobachten. Dazu hat der Nabu etliche Kameras in Bruthöhlen, Bauten und an Futterplätzen installiert

„Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr noch Dachsjunge sehen“

PETRA SCHAUGAT, NABU

Wie singt die Singdrossel? Und wer hat denn schon einmal einen Kiebitz in natura gesehen – und erkannt? Mit seinem neuen Projekt „Wildtiernis“ will der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen im Landkreis Celle die Menschen wieder dichter an die Natur heranbringen. Er holt die Leute da ab, wo sie ohnehin häufig sind: am Bildschirm.

Ein Eisvogel taucht vor der Kamera auf: kobaltblau bis türkisfarben schillert sein Gefieder. Markant ist der spitze Schnabel, mit dem er Fische fängt. Für Wanderer ist es wie ein Sechser im Lotto, den scheuen Eisvogel zu sehen. Mit einem Besuch auf Gut Sunder im Landkreis Celle steigen die Chancen. Das Gut ist umgeben von weitläufigen Fischteichen und Wäldern. Der Nabu hat auf dem Gelände Kameras installiert. In einem Raum mit vielen Monitoren können Besuchern die Wildtiere beobachten.

Eine Kamera zeigt eine Dachsburg. „Wir waren fasziniert zu sehen, wie der Dachs sich schüttelt und eine riesige Staubwolke um sich verbreitet“, erinnert sich Nabu-Projektleiterin Petra Schlaugat an die ersten Bilder der Kamera. „Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr noch Dachsjunge sehen.“

Damit Eindrücke wie diese auf jeden Fall festgehalten werden, hat der Nabu Niedersachsen Technik für fast zwei Millionen Euro auf Gut Sunder installiert. Neun Kameras, die in Bruthöhlen, Bauten und an Futterplätzen angebracht sind, zeigen das Tierleben. Sensoren registrieren jede Bewegung und starten eine Videoaufnahme. So kann das Alltagsverhalten der Tiere gezeigt werden, ohne dass sich diese dabei gestört fühlen.

Dachs, Fischotter, Baummarder, Hornisse – den Kameras auf Gut Sunder entgeht kaum etwas. Und auch was im Garten vor der Haustür abläuft, kann faszinieren. Im Erlebniszentrum stehen die Besucher vor einer großen Scheibe und blicken auf Gartenteich, Büsche und Bäume. Mit einer ferngesteuerten Kamera können sie sich selbstgewählte Ausschnitte ganz nah heranholen. „Letztes Jahr im Herbst hatten wir Frösche, die sich am Ufer unseres neuen Teiches gesonnt haben“, sagt Petra Schlaugat.

Auch wenn der Nabu mit dem neuen Zentrum vor allem Kinder an die Natur heranführen möchte, ist die „Wildtiernis“ auf Gut Sunder auch ein Erlebnis für Erwachsene. Der Vorsitzende des Nabu Niedersachsen, Holger Buschmann, hofft, dass das Projekt hilft, die Natur zu schützen. „Leider merken viele Menschen heute nicht mehr, wie die Artenvielfalt zurückgeht“, sagt Buschmann. Der einfach Grund dafür sei, dass die Menschen die Arten nicht mehr kennen würden. LUKAS SANDER