Zivis fordern Gleichberechtigung

Jugendministerium soll mindestens 22 Millionen Euro zu viel für Zivildienst im Haushalt 2006 angegeben haben

BERLIN taz ■ Bundesjugendministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll wesentlich mehr Geld für den Zivildienst im Haushaltsplan für 2006 angegeben haben als nötig. Das behauptet zumindest die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen (KDV). Der Etat sei um mindestens 22 Millionen Euro zu hoch angesetzt, sagt Peter Tobiassen, Geschäftsführer des Verbandes.

An den Finanzausschuss hat der Zentralverband deshalb einen Brief geschickt, der der taz vorliegt. Schon seit Jahren kritisiert die Zentralstelle den Etat des Bundesjugendministeriums als überzogen.

Mit dem Brief will sie erreichen, dass künftig die gleiche Anzahl junger Männer zum Zivildienst eingezogen werden wie zur Bundeswehr. „Es muss eine Einstellungsgerechtigkeit geschaffen werden“, sagt Tobiassen. Die Forderung nach mehr Gerechtigkeit ist Wasser auf die Mühlen derer, die sich für ein Ende der Wehrpflicht aussprechen. Im Bundestag sind FDP, Linkspartei und FDP für die Abschaffung. SPD und Union haben sich im Koalitionsvertrag eine Beibehaltung der Wehrpflicht vereinbart.

Das Jugendministerium hat Geld für 89.000 Zivis zur Verfügung, hat die Zentralstelle errechnet. Real würden aber sehr viel weniger junge Männer Ersatzdienst leisten. Das Bundesamt für Zivildienst, das die Zivis verwaltet, geht von einer Zahl zwischen 65.000 und 70.000 Personen aus, sagt Sprecher Josef Opladen.

Im Idealfall könne das Ministerium noch einiges mehr einsparen, behauptet Tobiassen. Dann nämlich, wenn genauso viele Zivildienst- wie Wehrdienstleistende eingezogen würden. Für dieses Jahr geht man im Verteidigungsministerium davon aus, dass knapp 47.000 junge Männer ihren Grundwehrdienst bei der Bundeswehr verrichten. Das Jugendministerium bestreitet, den Etat für den Zivildienst zu hoch angesetzt zu haben. Die genaue Zahl der Zivis sei im Vorhinein nicht zu ergründen. „Die Zentralstelle zieht eine Parallele zwischen Wehrdienst und Zivildienst. Das ist aber nicht möglich, weil beide in verschiedenen Artikeln des Grundgesetzes geregelt werden“, sagt Sprecher Jens Flosdorff.

Das sieht man in der Opposition im Bundestag ganz anders. Die Grünen nehmen die Vorwürfe der Zentralstelle ernst. Allerdings müsse man die Zahlen des Verbandes vorher ganz genau prüfen, meint Kai Gehring, Mitglied im Jugendausschuss.

Die FDP will bei Ursula von der Leyen nachhaken, ob sie tatsächlich zu viel Geld im Etat angegeben habe, sagt Otto Fricke, Vorsitzender des Finanzausschusses. Sollte das der Fall sein, wolle er eine Sperrung der zu viel veranschlagten Mittel beantragen. „Der Haushalt kann nicht dazu dienen, irgendwelche Verwerfungen zu kaschieren“, so Fricke. Das Ministerium habe bis Ende Mai Zeit, die Vorwürfe auszuräumen.

Gleichzeitig will die FDP das Essensgeld für die Zivildienstleistenden erhöhen. „Mit höchstens 3,50 Euro pro Tag könne man sich nicht ordentlich verpflegen“, sagte Ina Lenke der taz. Das Mitglied im Jugendausschuss will dem Beispiel Österreich folgen. Dort hat das Parlament das Essensgeld vor kurzem auf 13 Euro erhöht, nachdem ein Zivildienstleistender geklagt hatte. MAURITIUS MUCH