Die BBC will Spaß noch ernster nehmen

Neu bei der britischen Rundfunkanstalt: das Aufsichtsgremium BBC-Trust – und Unterhaltung als Programmauftrag

Vor gut zwei Jahren war die Beziehung zwischen der BBC und der Regierung von Premierminister Tony Blair nach Kelly-Affäre und Hutton-Report auf dem Tiefpunkt, jetzt hat man sich wieder lieb: Das am Dienstagnachmittag von Medienministerin Tessa Jowell präsentierte Weißbuch zur Zukunft der BBC hat die Gebührenfinanzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis 2016 festgeschrieben. Die BBC bleibt werbefrei.

Die Befürchtung, die Regierung würde sich wegen der Enthüllungen an der BBC rächen und Finanzierungswege sowie Grundauftrag in ihrem Sinne reformieren, hat sich also nicht bestätigt. Allerdings bekommt die BBC ein neues oberstes Aufsichtsgremium verpasst, vergleichbar mit dem Rundfunkrat bei deutschen Öffentlich-Rechtlichen: Der BBC-Trust, dem der neue BBC-Chairman Michael Grade vorstehen wird, soll die Sendeplattform (fünf TV-Programme, fünf analoge nationale Radiosender sowie Dutzende Digitalprogramme und Lokalsender) künftig kontrollieren. Ob Regierungsvertreter hier mehr Einfluss nehmen können als im bisherigen Aufsichtsgremium, dem Board of Governors, ist unklar.

Spektakulärer als die Einrichtung des BBC-Trusts sind die deutlichen Aussagen, die die Medienministerin zum künftigen Programmauftrag der BBC machte: Unterhaltung soll ab sofort ganz offiziell im Zentrum der Grundversorgung stehen. „Die BBC sollte Spaß weiterhin ernst nehmen“, sagte Jowell. Ex-Generaldirektor Dyke war seine erfolgreiche, auf Unterhaltung konzentrierte Programmpolitik noch als „Verdummung der BBC“ vorgehalten worden.

Die BBC soll mit ihren jährlich rund 3 Milliarden Pfund (4,5 Mrd. Euro) Gebühreneinnahmen außerdem Motor der Rundfunk-Digitalisierung bleiben und das Abschalten der analogen Sender 2012 ermöglichen. Auch die erheblichen kommerziellen Aktivitäten der BBC sollen laut Weißbuch nicht wesentlich eingeschränkt werden. Der neue Trust muss lediglich zusammen mit der zentralen Medien- und Kommunikationsaufsichtsbehörde Ofcom Marktberichte vorlegen, um auszuschließen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk Wettbewerbsvorteile gegenüber den Privaten hat. Dafür liegt die Entscheidung, neue BBC-Kanäle einzurichten, nicht mehr beim Medienministerium, sondern beim Trust. Damit erhält die BBC in etwa die Autonomie von ARD und ZDF.

Ein Punkt des Weißbuchs dürfte deutsche Anstalten irritieren: Die neuen BBC-Ziele enthalten eine Warnung vor „copycat programming“, also der bloßen „Übersetzung“ im Ausland erfolgreicher Formate in britische Versionen. Die BBC beendet also einen Trend, auf den ein guter Teil des deutschen TV-Programms setzt. STEFFEN GRIMBERG