BUSFAHRER
: Rot bleibt rot

Passiert dem das öfter, dass ihn erboste Fahrgäste verfolgen?

Der M48 steht. Zwar etwas vorgerückt, aber immer noch so gut wie an der Bushaltestelle. Zwei Meter davon entfernt, höchstens. Die Ampel auf der Leipziger ist rot, also lässt es sich noch freundlich an die Tür klopfen. Beim Busfahrer keine Regung. Vielleicht glaubt er, er könne sich hinter Schnauzer und Sonnenbrille verstecken. Irrtum, Alter! Auch das neuerliche Klopfen ist zwar freundlich, trägt jedoch den Hall des Nachdrucks. Der Schnauzer gerät in Bewegung. Statt aber Blickkontakt aufzunehmen, schüttelt der Fahrer nur ansatzweise den Kopf. Mit dem Finger deutet er auf die Ampel.

Ja, was denn!? Dass die Rot zeigt, ist ja für jeden ersichtlich. Deshalb ja überhaupt nur die Sache mit dem Anklopfen, das sich, wie sich nun herausstellt, auch mit der Faust und weniger freundlich konkretisieren lässt.

Doch die Tür bleibt verschlossen, stattdessen setzt sich der Bus in Bewegung, just nachdem unter dem roten auch das gelbe Licht auf der Ampel aufblitzt. Unter dem Schnauzer deutet sich ein zufriedenes Grinsen an.

Der M48 endet am Alex. Dort kommt auch die U2 vorbei – eine gute Gelegenheit, um an der Endhaltestelle seines Busses einen Plausch mit dem Schnauzer zu halten. Der Plan geht auf, am Alex steht er in der Dircksenstraße neben dem Bus und pafft.

„Darf ich Sie kurz fragen, warum Sie an der Friedrichstraße nicht aufgemacht haben?“ Der Schnauzer macht nicht den Eindruck, als sei er überrascht. Passiert es dem öfter, dass ihn erboste Fahrgäste verfolgen? „Ja, das darf ich ja gar nicht“, sagt er. „Was denn?“ Er: „An einer roten Ampel darf ich die Tür nicht mehr öffnen.“ „Ach Quatsch!“ Er: „Doch!“ „Ist das nicht kleinkariert?“ Er: „Nein.“ „Aber die Haltestelle war nur zwei Meter entfernt.“ Er: „Das spielt keine Rolle. Woanders hätte ich noch aufgemacht.“ Anweisungen von Schreibtischtätern. Schönen Feierabend.

TORSTEN LANDSBERG