Sternenlampen und Werbeprosa

AUSSTELLUNG „We Create Berlin“ präsentiert das Neuste aus der Berliner Kreativbranche – ausgerechnet in einem Autohaus

Kaum Frühstücksbrettchen oder Babymode: Wer hier ausstellt, verdient Geld oder arbeitet wenigstens darauf hin

Man muss schon ein hartgesottener Fan der automobilen Lebensart sein, um einen Aufenthalt im Inneren des „Volkswagen Automobil Forum“ Unter den Linden zu ertragen: Das Interieur ist so steril, dass es in den Augen wehtut, und es stehen glänzende Bugattis und Bentleys herum, die lediglich zum ehrfürchtigen Bestaunen da sind: Anfassen, Beratung, Verkauf sind laut Schild am Eingang nicht erwünscht. Was aber soll man dann dort tun? Zum Beispiel frühstücken, wie die Familie, die sich, umgeben von Autos, „Mövenpick“-Brötchen schmecken lässt.

Im Untergeschoss des PS-Tempels präsentiert sich eine weitere Branche, die von der Inszenierung lebt: Das Design-Netzwerk „Create Berlin“ zeigt unter dem Titel „We Create Berlin“ das Neueste von denen, die Berlins Ruf als Kreativmetropole in verkaufbare Produkte und Dienstleistungen gießen. In einem mit weißen Kuben ausgestalteten Raum zeigen Grafik- und Architekturbüros, Produkt- und Modedesigner, Sounddesigner und Digital-Media-Agenturen, was „das kreative Herz Europas“ (so die Eigenwerbung) zu bieten hat. Man findet hier nur wenig von dem Kleinkram, mit dem sich die Mehrzahl der Berliner Designer mühsam über Wasser hält: Frühstücksbrettchen oder Babymode. Wer hier ausstellt, verdient Geld. Oder arbeitet wenigstens darauf hin. Wie der Designer Klaus Dupont, der aus Fächerkorallen, Perlen, Tierhörnern und Vasen skulpturale Deko-Objekte bastelt. Das Architekturbüro Coordination hat eine Fotoserie beigesteuert, in deren Mittelpunkt ein monumentales Stahlobjekt steht: Das Zeichen Ren (chinesisch für Mensch) ziert die Innenstädte von Schanghai und Berlin.

Raumstation auf Pilzen

Die Möbeldesigner von Hopf, Nordin zeigen wie Sternkörper geformte Leuchten und chinesische Gittertische, ebenso avantgardistisch muten die riesigen Lichtskulpturen von Marlies von Soden an. Der Typografie-Pionier Erik Spiekermann ist vertreten mit seinem „Fontshop“, einem Versandhaus für Schrifttypen. Bei CollignonArchitektur kann man sehen, wie der künftige U-Bahnhof Berliner Rathaus aussehen soll: eine von Pilzstützen getragene Raumstation.

Hübsch das alles, nur selten ärgerlich – und nicht umwerfend: Diese Branchenschau wird der heimlichen Designhauptstadt München nicht die Butter vom Brot nehmen. Dort baut man die Autos, für die in Berlin allenfalls der Einparkhilfen-Ton designt wird. NINA APIN