„Wir müssen das Maximale ausreizen“

Die Partei muss ihre Rolle als Oppositionspartei noch finden, sagt die grüne Landeschefin

taz: Frau Schneckenburger, wer hat einen Fehler begangen: Der zurückgetretene Loske oder die Grünen, die gegen sein Konzept gestimmt haben?

Daniela Schneckenburger: Es gibt nicht eine einzelne Erklärung für diesen Konflikt. Die Fraktion hat es nicht geschafft, den Konflikt zu entschärfen. Und Rainer Loske war aufgeregt. Seine Aussage, die Umweltpolitik stehe in Frage, ist einfach falsch. Nicht die Umweltpolitik an sich ist strittig in der Bundestagsfraktion, sondern eine Verfahrensfrage bei der Suche nach einem geeigneten Endlager.

Die grüne Basis in NRW sieht das anders. Für sie ist Entscheidung für das Trittinsche Konzept eine Richtungsentscheidung.

Das Trittinsche Konzept ist keine Richtungsentscheidung. Die Umweltpolitik ist und bleibt für die Grünen ein zentrales Thema. Hier ging es nur um die taktische Frage, wie Suche nach einem atomaren Endlager rechtlich abgesichert organisiert werden kann und wie wir uns als Opposition zu Gesetzesentwürfen aus Regierungszeiten verhalten.

Also doch eine Richtungsentscheidung.

Nein! Es gibt gibt den Interessengegensatz zwischen Wirtschaft und Umwelt – die Grünen vernachlässigen hier aber nicht Umweltinteressen.

In diesem Fall nicht: Da gewann Trittins Vorschlag, die Atomwirtschaft über die Endlager entscheiden zu lassen.

Aus rechtlichen Gründen. Die Frage war doch, ob wir rein rechtlich die Atomenergie in Regress nehmen können, ohne sie mitbestimmen zu lassen. Sie zahlen, ohne aussuchen zu dürfen, das ist fraglich.

Als Oppositionspartei, als Grüne, hätten Sie es darauf ankommen lassen können.

Das ist richtig. Ich finde auch, wir hätten diese Bedenken hinten an stellen können. Ich habe große Sympathie für Loskes Vorschlag, dem Staat die Suche und Auswahl von Endlagern zu übertragen. Die Atomklos müssen in die Hände des Staates.

Warum sah die Fraktion das anders?

Was unter rot-grün beschlossen wurde, ist jetzt für uns nicht unmittelbar bindend, da hatten wir nur einen begrenzten Spielraum. Ich glaube, es muss jetzt insgesamt stärker darum gehen, in der Opposition grüne Politik klar zu profilieren.

Und jetzt? Was können sie tun?

Wir müssen das Maximale an grüner Politik ausreizen. Wir müssen sehr viel politischen Druck aufbauen, zum Beispiel in der Klimapolitik. An der Stelle haben wir keine Zeit zu verlieren, und dafür steht auch Rainer Loske.

Dafür stehen aber nicht die Grünen in Nordrhein-Westfalen. Das urgrüne Anliegen Umweltschutz wurde doch längst von Themen wie Bildung verdrängt.

Aber doch nur, weil die Landesregierung bei diesem Thema besonders schlechte Politik macht! Da spielt dann Bildung natürlich eine große Rolle, das Schulgesetz steht ganz oben auf der Agenda.

Dann lassen sie sich ja wieder von der Regierung diktieren, was Ihre Themen sind.

Nein, aber die öffentliche Debatte wird wesentlich durch die Medien geprägt, die sich mit der Regierungspolitik auseinandersetzten.

Was sind ihre Umweltthemen in NRW?

Wir bekämpfen die Gentechnik in der Landwirtschaft ebenso wie wir für einen Ausstieg aus der CO2-schädlichen Kohlepolitik eintreten. Bei der letzten Landesdelegiertenkonferenz war der BUND Gastredner, das Verhältnis zu den Umweltverbänden ist gut: Umweltpolitik ist ein zentrales Thema für Grüne in NRW. INTERVIEW: A. JOERES