Donnerstag war knöllchenfrei

Die Angestellten des öffentlichen Dienstes bestreiken das Stadtamt Mitte und das Bremer-Service-Center/ Auszubildende demonstrieren für Übernahme-Chance

Bremen taz ■ Bremer Bürger, die gestern ihr neues Auto zulassen, einen Ausweis verlängern oder den Angelschein beantragen wollten, standen vor verschlossenen Türen oder in langen Warteschlangen – zumindest im Bürger-Service-Center und im Stadtamt Mitte. Dort streikten nämlich die Angestellten des öffentlichen Dienstes. Dagegen konnten sich Falschparker freuen: Da auch die Politessen in den Arbeitskampf gezogen waren, wurden gestern in Bremen keine Knöllchen verteilt.

„Es geht uns nicht nur um die 18,5 Minuten täglicher Mehrarbeit. Vor allem fordern wir die Übernahme des neuen Tarifvertrags“, sagt Horst Goebel von der Gewerkschaft der Polizei (GdW). Der sehe unter anderem höhere Gehälter für junge Angestellte und die Fortzahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld vor. „Die neue Tarifvereinbarung ist klarer und übersichtlicher“, so Goebel weiter. Sie biete eine langfristige Berechnungsgrundlage und brächte kaum finanzielle Nachteile für das Land Bremen. Der Finanzsenator verhandele jedoch nur mit Blick auf die leeren Kassen, meint der Gewerkschafter. Die harte Haltung der Bremer Politiker ziele darauf, Gewerkschaften und Arbeitnehmer zu schwächen. Die Auszubildenden des öffentlichen Diensts befürchten überdies, dass ihnen eine 40-Stunden-Woche die Chance auf eine Übernahme verbaut. Die Ver.di-Jugend rief gestern daher zu einem Protestmarsch auf.

Es gehe in keinem Fall darum, übermäßige Härte zu zeigen, sagt dagegen der Sprecher des Finanzsenators, Hermann Pape. „Bremen hat den Gewerkschaften einen Haushaltsnotlage-Tarifvertrag vorgeschlagen“, so Pape. „Ver.di hat das abgelehnt. Trotzdem müssen wir über Sonderzahlungen verhandeln.“ Das Land Bremen, das im Verband der Tarifgemeinschaft der Länder an den Verhandlungen teilnimmt, sei an einem schnellen und tragfähigen Abschluss interessiert. „Wir sind zu weiteren Gesprächen bereit“, sagt Pape. Für den Ärger der Bremer Bürger, die am Donnerstag vor den geschlossenen Amtsstuben standen, zeigten die Streikenden Verständnis. Aber die Pläne der Arbeitgeber führten langfristig zu Stellenstreichungen und somit auch zu längeren Wartezeiten in den Ämtern. „Wir stehen also für alle hier“, sagt Goebel.

Für nächste Woche hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft neue Streiks an Bremer Schulen angekündigt. Christian Gloede-Noweck sieht keine Alternative zum Arbeitskampf. Die Vorstellungen der Arbeitgeberseite, so glaubt er, seien ein massiver Angriff auf die angestellten LehrerInnen und würden verheerende Folgen haben. Sie trügen zum Beispiel zur Überalterung der Lehrer und überfüllten Klassenzimmern bei, sagt Lehrervertreter Gloede-Noweck. „Dabei ist es doch an der Politik, gutes Lernen zu ermöglichen und nicht zu behindern.“

Jeanette Simon